Nettetal geht Wirtschaftsprobleme an
IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz listete die aktuellen Themen beim Nettetaler Wirtschaftsgespräch auf.
Nettetal. Die Alterung unserer Bevölkerung führt, verbunden mit einer falschen Beratung, zu einem schwerwiegenden Mangel an Fachkräften für die Wirtschaft; die Internationalisierung der Wirtschaft wird sich fortsetzen; die weiter voranschreitende Digitalisierung von Produktionsprozessen und Dienstleistungen verlangt eine entsprechende Infrastruktur: Diese Megatrends bestimmen unsere ökonomische Zukunft, legte Jürgen Steinmetz dar. Der seit 1. Juli amtierende Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, bis dahin Kreisdirektor des Rhein-Kreises Neuss für Wirtschaft und Soziales, sieht bei seiner Ist-Analyse keinen Grund zur Beunruhigung: „Wir werden das schon stemmen.“
Seinen Optimismus leitet er aus einer Zeitreise her, die im Jahre 1804 mit dem Code Napoleon und der darin begründeten Gewerbefreiheit begann. In den zwei Jahrhunderten seither habe die Wirtschaft sich aber immer wieder neuen Strukturen angepasst. Zwar habe der Niederrhein die Textilindustrie als Massenproduzent verloren, doch gebe es immer noch hoch spezialisierte Unternehmen. Überhaupt die Industrie: Ihr hoher Anteil (29 Prozent) habe den Niederrhein gut durch die Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 gebracht.
Allerdings sieht es, wie der Bio-Tech-Unternehmer Dr. Peter Welters anmerkte, im Kreis Viersen nicht so gut aus. Die guten Werte werden vor allem in Krefeld und im Rhein Kreis Neuss erzielt.
Bis zum Jahr 2040 nimmt die Zahl der Erwerbspersonen zwischen 16 und 65 Jahren am Mittleren Niederrhein um rund 40 000 auf 153 000 Personen ab. Deshalb werbe die IHK vor allem für die Duale Ausbildung (Praxis/Berufskolleg), die gegenüber einem Studium zu Unrecht vernachlässigt werde.
Hier sieht Steinmetz die große Aufgabe bei der Integration der Flüchtlinge, die er als „gesellschaftspolitische Verpflichtung der Unternehmer“ bezeichnet. Eine nicht abgeschlossene IHK-Umfrage zeige positive Signale.
Nettetal ist die Aufgabe der passgenauen Vermittlung von Ausbildungsplätzen schon lange praktische Übung, erläuterte Bürgermeister Christian Wagner mit Hinweis auf Betriebsbesuche und das Projekt „BaseL“. Bei der Suche nach Ausbildungsplätzen sollten nach Ansicht des Leuther Treppenbauers Detlev Saage Unternehmen, die bisher nicht ausbilden, Hilfen angeboten werden.
Dass die Wirtschaft am Mittleren Niederrhein weltweit konkurrenzfähig sei, machte Steinmetz an der Exportquote von 52 Prozent aus. Da dies kein Ruhekissen sein dürfe, forderte er eine weitere kommunale Zusammenarbeit im „Wettstreit der Europaregionen“: weg vom Kirchturmdenken, hin zu größeren Einheiten bei Gewerbegebieten über Gemeinde- und Kreisgrenzen hinweg. Er sprach dabei die Entwicklung des Gewerbegebietes auf dem früheren RAF-Flughafen Elmpt an und bezeichnete die Logistik als eines der wichtigsten Themen. Er befürworte dafür auch die Verlängerung der Regiobahn von Kaarst über Viersen nach Venlo.
Dass Nettetal international gut aufgestellt sei, zeigte Wagner an der engen Zusammenarbeit mit der Nachbarstadt Venlo auf, die sogar bei der Immobilienmesse Expo Real in München mit dem Niederrhein aufgetreten sei. Steinmetz „kann sich sehr gut vorstellen“, dass auch Venlo Partner der Standort Niederrhein GmbH wird: „Ich bin da offen.“ Für Wagner heißt dies: „Wir liegen dann nicht mehr am Ende, sondern mittendrin.“
Weil ohne Breitbandanschluss „alles fast nichts ist“, forderte der IHK-Hauptgeschäftsführer die Aufrüstung der Datenautobahnen, damit Unternehmen sich weltweit behaupten können. Auch hier kann die Stadt Nettetal auf das Gewerbegebiet „Venete“ verweisen, das mit Hilfe des niederländischen Unternehmens Systemec und der Stadtwerke digital aufgerüstet wurde.
Es sieht inzwischen wieder so gut aus, dass sich ein international tätiges Logistikunternehmen dort ansiedeln wird. Wagner sprach von einem „Eisbrecher“, denn bisher hat sich außer einer Tankstellen-Niederlassung dort nichts getan.