Alt Handwerkskunstin Nettetal Korbflechten auf dem Landschaftshof

Nettetal · Weidenkörbe sind nicht nur praktisch und schön anzuschauen – sie sind auch gar nicht so leicht herzustellen. Im Landschaftshof Baerlo wird gezeigt, wie es richtig geht.

Diana Komnick ist mit vollem Eifer dabei.

Foto: Sigrid Blomen-Radermacher

„Drücken und halten – eins, zwei, drei“ feuert die eine den anderen an. „Ich hab die 24 eingesteckt. Soll ich die jetzt hängenlassen oder abschneiden?“, fragt ein anderer. Begriffe wie Rumpfkimme, Bodenkreuz und Staken, gesottene Weide, Schwingenkorb, Glocken- und Burkinageflecht fliegen hin und her. Fremdsprachige Sätze und Worte für Eingeweihte, wie es scheint.

Es ist Korbflecht-Workshop-Tag im Landschaftshof Baerlo in Nettetal. Sechs Männer und Frauen sitzen „op de Plank“ – auf der Werkbank – und flechten Weidenkörbe. „Reinhard“, ruft es plötzlich aus der Ecke, „ich brauche deine Hilfe.“ Gelassen schlendert der Gerufene hinüber. „Du hast in die falsche Richtung eingesetzt“, erklärt der und beginnt in Ruhe, den Fehler zu beheben. Mit Reinhard ist Reinhard Drawz gemeint. Er steckt voller Wissen um das alte Handwerk Korbflechten. In den 1960er-Jahren wurden die geflochtenen Körbe, Sichtschutzwände, Zäune von dem Werkstoff Kunststoff verdrängt. Die Korbflechter mussten auf andere Berufe ausweichen.

Seit zwei Jahrzehnten sammelt und erweitert Drawz nicht nur seine Kenntnisse über das Flechten, er macht es selbst – für sich und mit anderen, sodass sie es erlernen können. Der Amerner war Stuckateur und immer ein Naturliebhaber. Er sammelte schon Kröten, als der Amphibienschutz noch nicht in aller Munde war. Als Jugendlicher kaufte er sich vom ersten Taschengeld ein Fernglas und beobachtete Vögel. Im Nabu war er Mitglied, dem Verein Arbeitsgemeinschaft Biotopschutz, dessen Besucherzentrum der Landschaftshof ist, gehört er seit Urzeiten an.

Die Weiden müssen mit Geschick und Kraft verflochten werden.

Foto: Sigrid Blomen-Radermacher

Früher kamen die Korbflechter aus Hilfarth auf den Hof, um Interessierten das Korbflechten beizubringen. „Das können wir auch“, befand Drawz. „Ich hab mich daran gewagt“, sagt er. Später habe er begonnen, Kurse anzubieten. „Die Weide ist ein tolles Material“, schwärmt Drawz. Nicht zuletzt ein nachwachsender Rohstoff. „Ich hab damit gearbeitet, noch bevor es das Wort vom nachwachsenden Rohstoff gab“, sagt Drawz. Jeder selbst geflochtene Korb, so der Flechter aus Leidenschaft, zaubere ihm ein Lächeln ins Gesicht: „Man taucht ein und ist mit dem Material verbunden.“ Es sei ein tolles Material, schön, langlebig, gut zu reparieren.

Das Meditative beim Flechten bestätigt auch Jutta Houben vom Vorstand des Landschaftshofs. Sie hat den Lehrgang konzipiert. Ziel ist es, die Männer und Frauen zu ertüchtigen, im kommenden Jahr eigene Korbflechtkurse geben zu können. Dabei ist Reinhold Drawz eine Quelle der Handfertigkeiten, die er liebend gerne weitergibt.

Experte Reinhold Drawz erklärt den Teilnehmern, worauf sie achten müssen.

Foto: Sigrid Blomen-Radermacher

Aber das Flechten ist nur ein Teil des Lehrgangs. Zwischen letztem Dezember und diesem März standen das Ernten, Sortieren und Bündeln der Weide auf dem Plan. Zum Unterricht gehören auch Vorträge über die Botanik der Weide oder zur Geschichte des Korbflechtens. Die Teilnehmer lernen die Heilkraft und mystische Bedeutung der Weide und schließlich das Flechten zunächst von dekorativen Dingen und schließlich von Körben kennen.

Hannelore Töpp ist aus Viersen angereist, um das Flechten zu lernen. Sie kommt aus einer Korbflechterfamilie: Ihr Großvater war Korbmachermeister, auch ihr Vater hat Korbmacher gelernt, es aber zugunsten der Leitung eines Restaurants aufgegeben. Die beiden haben ihre Kenntnisse für sich behalten. „Ich wollte immer mal wissen, wie das geht. Ich finde auch, dass es wichtig ist, altes Handwerk weiterzugeben“, sagt Töpp. Dieser Meinung ist auch Evelyn Clever aus Lobberich. Ihre Liebe zur Natur führte sie direkt zur Weide und zum Korbflechten. „Ich mache gerne kreative Sachen“, sagt sie. Außerdem hat sie die Hoffnung, dass sich ihre Arthrose in den Händen durch das Flechten verbessert.

Erst einmal tun die Hände durch die ungewohnte Bewegung weh. Die Weidenruten sind zwar biegsam, doch verlangen sie nach Kraft. „Aber die Hände gewöhnen sich“, versichert Diana Komnick aus Kaarst. Die Sozialpädagogin lernte den Landschaftshof kennen, als sie ihn zum Bienentag mit ihrer kleinen Tochter besuchte. Komnick hat früher als Outdoorpädagogin gearbeitet, Tipis gebaut, Pflanzenkunde vermittelt: „Da passt das hier doch gut rein“, sagt sie lachend und verflechtet in Ruhe die Ruten weiter. Ihr Korb wächst in die Höhe.

Das, was Lucien de Lamboy aus Brüggen bei Drawz lernt, kann er beruflich und privat gut einsetzen. „Die Hühner lieben Körbe zum Nisten“, erklärt er. Als selbstständiger Handwerker tätig, kann er sich vorstellen, Rank- und Kletterhilfen aus Weidenruten anzufertigen und anzubieten. Der Anfang sei schwierig, da müsse man genau wissen, wo welches Ästchen hinkomme, wo es hingebogen werden müsse, damit es auch hält. Eine ungewohnte Bewegung für die Hände sei das Weidenflechten, aber „wenn man einmal im Fluss ist, macht das großen Spaß“.

Die Teilnehmer binden die Enden der Ruten zusammen, lagern die Körbe hinterm Haus und werden von Jutta Houben mit den Worten „Euer erster Flechttag ist zu Ende gegangen. Großartig, was ihr gemacht habt“ verabschiedet.