Er war schon immer handwerklich interessiert, er hat immer gerne etwas hergestellt. Für Felix Maier stand schnell fest: Ein Job im Büro kam für ihn nicht in Frage. „Ich finde die Arbeiten mit Holz oder mit anderen Werkstoffen sehr interessant“, sagt der aktuelle Auszubildende der Schreinerei Sötje. Die grundsätzliche Motivation, im Handwerk zu arbeiten, sich fundiert ausbilden zu lassen, fasst er mit einem Satz zusammen: „Am Ende des Tages hat man immer etwas vor sich, dass man selbst erschaffen hat.“ Wenn das Holzstück noch mit Rinde angeliefert wird und später daraus eine Treppenstufe entsteht, sei das ein sehr schönes Gefühl.
Drei Jahre Ausbildung, Lossprechung und Gesellenbrief: „In diesem Beruf möchte ich bleiben, es steht allerdings noch nicht fest, wie es dann weitergeht“, sagt Felix Maier. In Verbindung mit seinem Abitur schwebe ihm eine Weiterbildung im Beruf vor: Studium, Meisterschule - im Betrieb werde darüber gesprochen, welche Möglichkeiten zur Auswahl stehen.
„Bis jetzt sind wir immer sehr gut mit unseren Auszubildenden gefahren“, sagt Tobias Sötje. Die Zukunft der Schreinerei Sötje um die beiden Geschäftsführer Uwe und Frank Sötje in Kaldenkirchen liegt sowohl in seinen Händen als auch in denen seines Bruders Pascal und seines Cousins Florian. Die Corona-Pandemie hat eine kleine Flaute in die Entwicklung der Ausbildungszahlen gebracht: allerdings nur kurzfristig. In dieser Zeit hat auch die Zahl der Praktika nachgelassen. Inzwischen läuft alles wieder im Normalbetrieb. Denn auch für das kommende Ausbildungsjahr ist der entsprechende Ausbildungsvertrag für den neuen Auszubildenden bereits geschlossen: Ab August wird bei Sötje ein neuer Auszubildender seine Lehre beginnen. „Wir haben immer darauf geachtet, dass wir jemanden ausbilden können“, erklärt Tobias Sötje. Tatsächlich vernehme auch er Stimmen, die von einem grundsätzlichen Nachwuchsproblem im Handwerk berichten. Für das Schreinereihandwerk könne er das jedoch nicht bestätigen.
Dass der Meister sein Wissen im Handwerk an die nachfolgende Generation weitergibt, hat eine mehrere Jahrhunderte dauernde Tradition. „So soll es sein“, bestätigt Tobias Sötje. Natürlich schaut er sich genau an, wer im Betrieb eine Ausbildung beginnen kann. Meist ist es bei ihm so, dass ein vorgeschaltetes Praktikum schon Aufschluss geben kann - für beide Seite übrigens -, ob das Schreinereihandwerk nun die erste Wahl sein soll: „Für uns und unsere Mitarbeitende ist es außerdem wichtig, dass der oder die neue Auszubildende gut ins Team passt.“
Hat das Handwerk ein grundsätzliches Problem, Auszubildende zu finden? Ein zentrales Thema sei die Ansprache der jungen Generation, erklärt Thomas Gütgens, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Niederrhein: „Klassische Informationswege funktionieren heute kaum noch. Jugendliche informieren sich über soziale Medien, Plattformen und weitere digitale Kanäle. Die Herausforderung besteht darin, diese Kommunikationswege aktiv zu nutzen und die zweifelsohne attraktiven Vorteile im Handwerk aufzuzeigen.“
Im Kreis Viersen ist nach seinen Angaben die Zahl der Auszubildenden in den letzten drei Jahren stetig gestiegen, was grundsätzlich positiv sei. „Aber ja, es gibt ein Nachwuchsproblem im Handwerk – wie in vielen anderen Branchen ebenfalls –, das auf verschiedenen strukturellen und gesellschaftlichen Ursachen beruht.“ Gleichzeitig bieten kreative Lösungsansätze und der hohe Bedarf an handwerklichen Dienstleistungen Potenziale, das Problem langfristig zu bewältigen. Voraussetzung sei jedoch ein Umdenken sowohl auf gesellschaftlicher und politischer Ebene.
Besonders beliebt sind weiterhin technische Berufe wie Kfz-Mechatroniker, Anlagenmechaniker und Elektroniker. Weniger gefragt seien Berufe im Lebensmittelbereich wie Bäcker und Fleischer sowie handwerkliche Tätigkeiten wie Metallbauer und Maler, erklärt Thomas Gütgens.