Nettetals Haushalt verabschiedet Politiker hadern mit Kosten für Wohnungsbau für Geflüchtete

Nettetal · Kosten von mehreren Millionen Euro für den Bau eines Hauses in Breyell, in das zunächst Geflüchtete einziehen sollen – das war einer der Streitpunkte in der Debatte über Nettetals Finanzen in 2024. Was der Stadtrat beschlossen hat.

Die Wohnungen, in die nach Plänen der Verwaltung zunächst Geflüchtete einziehen, sollen an der Von-Waldois-Straße in Breyell gegenüber der Gesamtschule gebaut werden.

Die Wohnungen, in die nach Plänen der Verwaltung zunächst Geflüchtete einziehen, sollen an der Von-Waldois-Straße in Breyell gegenüber der Gesamtschule gebaut werden.

Foto: Holger Hintzen

Würden wichtige Beschlüsse im Nettetaler Rathaus dem Volk wie das Ergebnis einer Papstwahl angezeigt, wäre am Dienstag, 19. Dezember, in den Abendstunden weißer Rauch über dem Dach des Verwaltungssitzes am Doerkesplatz aufgestiegen. Denn: Mit großer Mehrheit hat sich der Stadtrat dazu durchgerungen, einen Plan für die Finanzen der Stadt Nettetal für das kommende Jahr zu beschließen. Trotz aller Zahlen, die ein solches Werk umfasst, haftet dem für 2024 mehr Vorläufigkeit an als gewöhnlich. Denn Politik und Verwaltung sind sich einig, dass angesichts eines drohenden Lochs in der Kasse von rund 13 Millionen Euro in 2024 höchste Sparsamkeit angesagt ist. Nur: Wo genau was genau gespart werden soll, das wollen Parteien und Politik erst nach dem Jahreswechsel erarbeiten.

Einen Vorbehalt ließ der Rat nach längerer Debatte am Dienstag schon ausdrücklich festhalten: Ob Nettetal rund acht Millionen Euro in den Bau eines zunächst als Flüchtlingsunterkunft vorgesehenen Hauses gegenüber der Gesamtschule investieren soll, darüber soll insbesondere auf Wunsch von CDU und FDP noch einmal intensiv nachgedacht werden. Die Wählergemeinschaft „Wir in Nettetal“ (WIN) plädierte bereits in der Debatte dagegen und lehnte am Ende auch den gesamten Haushaltsplan ab. Die übrigen Fraktionen erteilten ihm mehr oder weniger zähneknirschend ihren Segen.

 Noch immer laufen die Arbeiten an der Werner Jaeger Halle. Die Kosten dafür sind drastisch gestiegen.  Foto: JKN

Noch immer laufen die Arbeiten an der Werner Jaeger Halle. Die Kosten dafür sind drastisch gestiegen. Foto: JKN

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Die CDU stimmte grummelnd zu und erläuterte noch einmal ausführlich, warum sie nichts von Steuererhöhungen hält. Die standen freilich schon gar nicht mehr zur Debatte. Denn die Stadtverwaltung hatte ihren Vorschlag, zur Verbesserung der Einnahmen die Grundsteuern und die Gewerbesteuern zu erhöhen, wegen Widerstands aus CDU, FDP und WIN schon einige Tage vor der Ratssitzung zurückgezogen. CDU-Fraktions-Chef Jürgen Boyxen sah zwar immer noch „gute Gründe“ auch den entsprechend überarbeiteten Haushaltsentwurf abzulehnen. „Eine Blockade des Haushaltes durch Ablehnung würde in der Abwägung jedoch mehr schaden als nutzen“, fügte er hinzu.

Ohne verabschiedeten Haushalt keine neuen Aufträge

Wäre kein Haushalt beschlossen worden, hätte die Stadt bis auf Weiteres nur ausgeben dürfen, wozu sie gesetzlich oder vertraglich bereits verpflichtet ist. Einen neuen Auftrag, etwa für Bauarbeiten, hätte sie nicht vergeben dürfen, bis ein Haushalt verabschiedet gewesen wäre. Die Folge: Einiges wäre ins Stocken geraten.

SPD und Grüne hätten auch eine Steuererhöhung mitgetragen, beharrten im Rat angesichts der fehlenden Mehrheit nicht darauf und stimmten auch dem angepassten Zahlenwerk zu. Während die FDP nach dem Verzicht auf höhere Steuern ebenfalls mitzog, blieb die WIN-Fraktion bei ihrem Nein.

Für die Wählergemeinschaft steht fest: Nettetal lebt über seine Verhältnisse. Ein von ihr immer wieder angeführtes Beispiel: Die stark gestiegenen Kosten für die Sanierung der Werner-Jaeger-Halle. Renate Dyck, Vorsitzende der SPD-Fraktion und des Kulturausschusses, hingegen brach erneut eine Lanze für das Projekt. Grünen-Fraktionschef Guido Gahlings räumte ein, auch seine Partei hadere mit den Kosten, die „am Ende wohl weit über 20 Millionen“ liegen würden. „Aber es gibt kein Zurück“, fügte Gahlings hinzu. Im Gegenteil: Nun müsse die Halle schnellstmöglich fertig werden, um weitere Kostensteigerungen zu vermeiden.

WIN-Fraktions-Chef Hajo Siemes wähnt, dass auch bei 22 Millionen Euro nicht Schluss sein werde. Wenn es auch kein Zurück mehr gebe, müsse beim weiteren Umbau eben nicht Notwendiges „abgespeckt“ werden. Er stieß sich auch an hohen Ausgaben fürs städtische Kulturprogramm. Und zumindest was das spezielle Programm für die Wiedereröffnung der Halle angeht, gab auch die FDP zu Protokoll, dass sie dafür gerne 100.000 Euro weniger ausgegeben hätte.

Voraussichtliche Kosten liegen höher als acht Millionen

Unterschiedliche Auffassungen zeigten sich aber nicht nur zwischen Parteien. Kaum hatte der städtische Beigeordnete Andreas Rudolph (CDU) sich für den Bau eines zunächst für Asylsuchende und Geflüchtete vorgesehenen Hauses an der Von-Waldois-Straße in Breyell stark gemacht, erklärte Jürgen Boyxen (ebenfalls CDU): „Nach meiner Einschätzung eilt das nicht so sehr.“ Bis zur nächsten Ratssitzung solle man darüber noch einmal nachdenken. Denn die voraussichtlichen Kosten für das Projekt beziffert die Verwaltung inzwischen auf etwas mehr als acht Millionen Euro. Vor zweieinhalb Jahren sei man zunächst von einer einfacheren Gemeinschaftsunterkunft ausgegangen. Nunmehr laute der in einigen Ratsausschüssen schon diskutierte Plan, eine feste Unterkunft zu bauen. Und zwar mit einem Standard, der es erlaube, dort auch anderen einkommensschwachen Personen preiswerten Wohnraum zu bieten, wenn einmal keine Flüchtlinge mehr unterzubringen seien. Die WIN argwöhnt, dass es am Ende zehn Millionen Euro sein werden – und fordert andere Lösungen. SPD und Grüne hatten keine Bedenken, sie ließen es aber am Ende zu, dass das Bauprojekt an der Von-Waldois-Straße ausgeklammert wurde und erst 2024 entschieden werden soll.