Kuriosum in Nettetal Hinsbecks Pfarrer waren wählerisch bei ihren Gruften
Nettetal-Hinsbeck · Es ist schon ziemlich kurios: Da legen die Hinsbecker für ihre Priester eigens Gruften an – und dann will kaum einer der Geistlichen in der jeweils verfügbaren Gruft beigesetzt werden. Die Folge: Im Laufe von rund 100 Jahre wurden mehrere Gruften errichtet.
Der armen Gemeinde Hinsbeck war es erst 1840 durch eine Stiftung des Kaplans Franz Joseph Gaarden (geboren 1769, gestorben 1838) möglich, nicht nur die spätere Knabenschule, sondern auch einen neuen Friedhof zu schaffen. Drei Jahre später wurde die Friedhofskapelle mit sechseckigem Grundriss und spitzgiebeligem Dach erbaut. An zwei Seiten hatten ihre Wände offene Bogenfenster, nach vorne war die Wand offen. Unter der Kapelle wurde eine Gruft für die in Hinsbeck tätigen Geistlichen gebaut. Allerdings scheinen die Erbauer wenig Sinn fürs Praktische gehabt zu haben: Die Gruft hatte keinen stetigen Zugang von außen. Bei Beisetzungen musste daher jedes Mal der Boden in der Kapelle aufgebrochen werden. 1858 wurde darin Pfarrer Mathias Josten (geb. 1801) beigesetzt, 1871 Pfarrer Florenz Tönsing (geb. 1812) und 1898 Heinrich Hennigmann (geb. 1831). Hinzu kam 1871 der aus Hinsbeck stammende Priester Friedrich Wilhelm Berkes (geb. 1833).
Doch dann kam ein Priester, der die Serie nicht fortsetzen mochte. Dem Hinsbecker Pfarrer Bernhard Ansems (geb. 1851, gest. 1919) war die Friedhofskapelle zu klein. Daher ließ er auf eigene Rechnung eine neue Priestergruft an der Position erstellen, wo heute die Katharinenschwestern von Schloss Krickenbeck beigesetzt sind. Über der Begräbnisstätte ließ er das Denkmal mit drei Kreuzen aufstellen, das heute über der neuen Priestergruft steht. Für die Beisetzungen wurde eine Gruft mit Platz für zehn Leichen erstellt. Immerhin war das Bauwerk diesmal praktischer angelegt: Der Zugang erfolgte über einen Tunnel, der mit einem Deckel verschlossenen war. 1903 wurden die Gebeine der Hinsbecker Kapläne Ludwig Mossmann (geb. 1852, gest. 1892) und Heinrich Westerfeld (geb. 1830, gest. 1899) dorthin überführt. Als Pfarrer. Ansems 1919 starb, wurde auch er in der Gruft beigesetzt.
Im gleichen Jahr wurde Joseph Arians (geb. 1875, gest. 1949) neuer Hinsbecker Pfarrer. Auch er hatte eigene Vorstellungen über seine letzte Ruhestätte: Er wollte weder im Mausoleum unter der Kapelle, noch in der neuen Priestergruft beigesetzt werden. Als es 1949 starb, wurde er, seinem Wunsch entsprechend, am Ende des inzwischen die gesamte untere Fläche umfassenden Friedhofs beigesetzt. Seinen Traum, hier einen Kalvarienberg zu errichten, musste er wegen der Inflation fallen lassen. Diesen erfüllte dann 1952 sein Bruder, Bürgermeister in Hassum, durch die Aufstellung dreier großer Kreuze aus Eichenholz. Es blieb das einzige Grab, das sich vor den Holzkreuzen befand.
1960 wurde die bisher offene Friedhofskapelle in eine geschlossene Leichenhalle umgebaut. Das Gebäude wurde umfangreich renoviert, erhielt eine schwere Eichentüre und 1965 zwei künstlerisch gestaltete bunte Fenster des Hinsbecker Glaskünstlers Johannes Beeck. Gleichzeitig wurde die Priestergruft von 1903 aufgelöst und die Gebeine der drei dort beigesetzten Priester, Mossmann, Westerfeld und Ansems, in die Gruft unter der Kapelle umgebettet. Es war das letzte Mal, dass diese Gruft geöffnet wurde. Die freie Grabstelle der bisherigen Priestergruft wurde für die verstorbenen Katharinenschwestern, die auf Schloss Krickenbeck das Kreis-Altersheim geführt hatten, übernommen. Ihre Beisetzungen erfolgten nur oberirdisch, Tunnel und Gruft wurde nicht mehr genutzt.
1984 kamen Planungen der Stadt Nettetal zum Bau einer großen Leichenhalle am Ende des unteren Friedhofes auf. Diese wurden aber nicht verwirklicht. Um den dafür benötigten Platz freizulegen, musste das Grab von Pfarrer Arians verlegt werden. Daher wurde neben der Friedhofskapelle eine neue Grabstätte für die Hinsbecker Geistlichen angelegt und das Denkmal von 1903, die drei Steinkreuze, an die neue Priestergruft versetzt. Erster hier beigesetzter Priester war im März 1985 Pfarrer Arnold Rulands (geb. 1906). Einen Monat später wurde auch Pfarrer Arians in die neue Priestergruft umgebettet.