Säugling erwürgt - Mehr als vier Jahre Haft für Mutter

Zwei verweste Säuglings-Leichen auf einem Bauernhof am Niederrhein: Die Anklage beschuldigte die Mutter als zweifache Mörderin. Das Gericht verurteilte die junge Frau wegen Totschlags an einem Kind.

Der Mutter wurde von einen Psychater eine Persönlichkeitsstörung attestiert.

Foto: dpa

Kleve (dpa) - Eine junge Mutter, die ihr Neugeborenes auf einem Bauernhof in Weeze am Niederrhein erwürgt hat, ist zu vier Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Das Landgericht in Kleve verurteilte die damalige Prostituierte am Donnerstag wegen Totschlags in einem minder schweren Fall. Eine Revision ist möglich.

Nach dem Fund von zwei Babyleichen auf Dachböden des Hofes war die Frau wegen Mordes an den beiden Neugeborenen angeklagt. Erst ein vom Gericht nach der Anklageerhebung beauftragter Rechtsmediziner hatte festgestellt, dass es sich um Zwillinge handelte und dass das erste Kind tot zur Welt gekommen war. Der psychiatrische Sachverständige kam zu dem Schluss, dass die Frau psychisch krank und eine verminderte Schuldfähigkeit zur Tatzeit nicht ausgeschlossen sei.

Die Frau, die die meiste Zeit in einem Bordell und Swinger-Club gelebt habe, sei bei der Geburt auf dem Hof des Vater gewesen. Laut Schilderung von Richter Ulrich Knickrehm wachte sie in einer Nacht im September 2013 mit Schmerzen auf, legte im Badezimmer Laken und Handtücher bereit und brachte stehend ein Kind zur Welt. „Es kam tot zur Welt“, sagte der Richter. Die Mutter habe das Kind mit Tüchern in eine Plastiktüte gesteckt, neben ihr Bett gestellt und sei eingeschlafen. „Sie dachte, dass alles erledigt sei“, so der Richter.

Als sie wieder mit Schmerzen wach geworden sei, sei ihr klar gewesen, dass ein zweites Kind komme. Sie habe Wasser in die Wanne gelassen und das zweite Kind zur Welt gebracht. „Dieses Kind lebte“, sagte der Richter. Aus einer diffusen Angst vor den Konsequenzen, Ratlosigkeit und Verzweiflung habe die Frau das Kind unter Wasser gehalten, um es zu töten. Als es danach noch immer schrie, habe sie es erwürgt. Auch die zweite Babyleiche habe sie danach in eine Plastiktüte gesteckt.

In einem Streit mit ihrem Vater habe sie von den Babyleichen gesprochen, erklärte der Richter weiter. Weil die Babyleichen rund zehn Tage nach der Geburt in einem sehr unterschiedlichen, aber wissenschaftlich erklärbaren Verwesungszustand waren, hätten die Polizisten die Version von der Zwillingsgeburt nicht geglaubt, sagte Knickrehm. Erst auf Druck der Polizisten habe die junge Frau eine Version mit zwei Geburten im Abstand von zehn Monaten erfunden.

Die 25-Jährige wischte sich auf der Anklagebank bei der Schilderung am Donnerstag äußerlich unbewegt immer wieder Tränen aus den Augen. Im Prozess sagte die Angeklagte nichts. „Die Beweislage ist sehr dürftig“, sagte Knickrehm. Das Gericht stützte sich bei seinem Urteil auf die Aussage der Frau bei der Polizei, in der sie ausführlich die Zwillingsgeburt geschildert hatte. „Die Kammer ist sich sicher, dass diese Angaben richtig sind“, resümierte der Richter in Kleve.