Termine im 45-Minuten-Takt
Das Prinzenpaar Gerd I. und Susanne I. hat ein straffes Programm. Wir haben es einen Abend lang begleitet.
Nettetal. Deutschland führt 24 zu 13 gegen Saudi-Arabien, und das ist das schönste Bild des Abends und es kommt nur einmal vor: Der Prinz trinkt Minze-Tee. Den linken Arm lässt er vor seiner Tasse auf der Theke ruhen, der Kopf ist zum Flachbildfernseher geneigt. Hans-Gerd Hauser guckt Handball, er trinkt Tee und scheint für einen Moment ganz bei sich.
Sechs Säle wird das Prinzenpaar heute beehren, gefeiert wird in Hinsbeck, Kaldenkirchen, Schaag, Bracht, Lobberich und Leuth. Sechs Auftritte, sechsmal raus aus dem Auto, sechsmal warten, sechsmal rauf auf die Bühne, sechsmal mehrmals „Helau“, sechsmal zurück ins Auto und weiter. Das alles im Dreiviertelstundentakt. Und, ach ja, gesungen wird auch noch.
Hans-Gerd I. und Susanne I. heißen sie und im echten Leben mit Nachnamen Hauser. Sie sind Nettetals Stadtprinzenpaar und ein paar Minuten zu früh. Im Zirkuszelt an Hinsbecks Jugendherberge feiert das Karnevalskomitee seinen Büttenabend. „Michael, Markus und Stephan“, versichert sich der Prinz noch mal bei Jürgen Ihlo und der nickt: Genau richtig, so heißen die Moderatoren im Zelt. „Hiiinsbeck?! Helau!“
Die Zeltplanen öffnen sich, Einmarsch der Gefolgschaft, Hans-Gerd I. und Susanne I. zuletzt, es geht jetzt los, das ist der erste Auftritt. Es ist 19.20 Uhr.
Der Prinz tanzt durch die Reihen, aus den Boxen dröhnt: „Die Karawane zieht weiter.“ Hans-Gerd I. winkt, ruft nun gleichfalls „Helau“. Er übernimmt jetzt die Show: Der Prinz bedankt sich bei Michael, Markus und Stephan und bittet um ein „dreifach donnerndes Helau“: „Hinsbeck — Helau! Nettetal — Helau! Kolping — Helau!“ Es gibt Blumen für die Prinzessin.
Nach knapp 20 Minuten steht Hauser wieder im Vorzelt und ist ganz vernünftig. Was die hier jedes Jahr mit ihrem Zelt auf die Beine stellen, sagt er, „wirklich toll“. Jürgen Ihlo eilt vorbei, sagt: „So. Kommt!“ Das wird er nun nach jedem Auftritt sagen. Manchmal aber auch „So. Los jetzt!“ oder „So. Ab in den Bus!“
Jürgen Ihlo ist der Vorsitzende des Kaldenkirchener Karnevalsvereins und heute der Tourmanager. Er hat mit jedem Veranstalter Termin und Taktung abgestimmt. Es ist auch sein Abend. „Zügig rein, zügig raus“, hatte er zu Beginn der Fahrt gebeten. 25 Jecken der Spielgemeinschaft Kolping-Karneval und des Kaldenkirchener Karnevalsvereins begleiten das Prinzenpaar in einem Reisebus.
Im Festsaal der Mühle in Kaldenkirchen warten schon ein Robin Hood, ein Teufelchen und einer, der sich als Mats Hummels verkleidet hat. „Das letzte, was ich heute gebrauchen kann, ist Alkohol“, sagt Hans-Gerd Hauser und nippt am Minze-Tee. Im Bus hatte die Gefolgschaft schon das ein oder andere Bier verköstigt.
„Helau!“ Sie haben ein Lied einstudiert, das sie in jedem Saal präsentieren. Der Prinz schleicht sich dann rhetorisch an, fragt: „Dürfen wir das singen?“ Sie dürfen.
Auf dem Weg nach Lobberich — die letzte Station — steigt die Stimmung, auch wegen der Himbeer-Pfirsich-Klopfer. Zuletzt — in Leuth— fällt auch von Jürgen Ihlo die Spannung ab. Es ist Mitternacht.
„Nettetal — Helau! Kaldenkirchen — Helau! Leuth — Helau!“, rufen sie und Hans-Gerd I. nimmt ein Gläschen vom Tablett. „Dürfen wir singen“, fragt der Prinz dann.