Turmfalken im Kirchturm geschlüpft
Im Turm von St. Clemens sind seit einigen Jahren regelmäßig Falken zu Gast, um dort in luftiger Höhe ihre Jungen aufzuziehen.
Nettetal. Ein Schatten schießt heran, es ist ein Turmfalke. Erst schaut er neugierig, dann weicht er erschrocken zurück. „In seinen Augen konnte ich die Angst sehen, die drei kleinen LED-Lampen an der Kamera haben ihn wohl erschreckt“, erzählt Peter Schmitz (55), Falkenbeobachter aus Kaldenkirchen. Also klebte er die Lämpchen ab. Seitdem fühlt sich der Falke wohl im Kirchturm von St. Clemens, lässt sich von Schmitz‘ Webcam filmen. Im hölzernen Verschlag gibt es jetzt Nachwuchs — fünf kleine Falkenküken haben mit flauschigem Gefieder und schwarzen Äuglein viele Fans gefunden, die ihr Aufwachsen regelmäßig online verfolgen.
Peter Schmitz, Tierfilmer
Seit 2010 fotografiert und filmt Schmitz die Falken im Kirchturm. „Als damals zum ersten Mal Falken im Turm brüteten, starb die Falkenmutter. Alle hatten Sorge, ob der Vater die Küken allein durchbringen könnte.“ Für die Mitarbeiter im Pfarrbüro installierte Schmitz „eine Webcam mit einfachen Mitteln“. Alle fieberten mit und waren erleichtert zu sehen, wie der Falkenvater die Brut erfolgreich großzog.
Das Interesse war geweckt, in den folgenden Jahren verfeinerte Schmitz seine Anlage. War eine Falkenbrut erfolgreich, verkündete Pfarrer Benedikt Schnitzler die freudige Nachricht in den Sonntagsgottesdiensten.
Dramatisches Szenen spielten sich ab: So versuchten Dohlen immer wieder, den Falken ihren Brutkasten streitig zu machen. „Mittlerweile haben sich die Vögel arrangiert: Falken wohnen auf der einen Seite im Kirchturm, Dohlen auf der anderen“, sagt Schmitz.
Der 55-Jährige interessiert sich für Flora und Fauna, ist viel mit seinen Kameras unterwegs: Er lichtet Zecken ebenso ab wie Moose oder Störche. Bekannt sind vor allem seine großformatigen Falkenfotos, die er auch bei Ausstellungen präsentiert hat. „Ich hab ja nicht nur die Webcam im Turm. Ich klettere auch sonst oft hoch und fotografiere die Vögel“, erzählt der Kaldenkirchener. Als Schmitz vor zwei Jahren die Livebilder der Falkenfamilie auf einen Monitor im Schaufenster des Ladens „Klunker, Perlen, Kronjuwelen“ gegenüber der katholischen Kirche übertrug, wuchs das Interesse. Damals habe der Naturschutzbund (Nabu) Grefrath Kontakt zu ihm aufgenommen. „So ist jetzt eine meiner Webcams auch im Kirchturm von St. Laurentius in Grefrath installiert, wo ebenfalls Turmfalken brüten“, so Schmitz.
Dass jetzt in St. Clemens überhaupt wieder die kleinen Turmfalken brüteten, war nicht selbstverständlich, wie sich Schmitz erinnert: „Im Frühjahr hockte tagelang ein großer Wanderfalke im Kirchturm, zog aber wieder ab, erst danach kamen die kleineren Turmfalken.“ Zu Ostern legte das Weibchen die Eier, ab 22. Mai schlüpften die fünf Küken, werden abwechselnd von den Eltern gefüttert, meist mit zerkleinerten Mäusen. „Jetzt sind die Jungen noch flauschig, nach und nach bekommen sie ihr Gefieder“, erklärt der Tierfilmer. Er sieht die Rund-um-die-Uhr-Beobachtung als eine Möglichkeit, um mehr über die faszinierenden Tiere zu erfahren: „Damit haben wir eine Chance, die Falken richtig kennenzulernen. Je besser man die Natur kennt, desto eher nimmt man auch Rücksicht auf Tiere und Pflanzen.“