56 000 Euro abgezwackt und keiner will es bemerkt haben
Vor Gericht muss sich ein 29-jähriger Buchhalter verantworten. Das Ganze spielte sich in einer Willicher Firma ab.
Willich. Laut Anklageschrift ist die Sache klar. In dem Prozess vor dem Schöffengericht Krefeld geht es um 56 000 Euro, die ein 29-jähriger Krefelder in 20 Monaten als Buchhalter einer Willicher Firma veruntreut haben soll. Sauber listet die Staatsanwältin 48 Überweisungen auf, die der Angeklagte als halbtags beschäftigter Buchhalter der kleinen Baufirma mit bis zu sieben Mitarbeitern ohne Wissen seiner Arbeitgeber auf sein, oder das Konto seines Bruders oder seiner Mutter getätigt haben soll. Deklariert als Provision, in Höhe von 300 bis 5000 Euro.
Begonnen hat er damit gleich nach seinem Arbeitsantritt im November 2007, aufgefallen ist es der Firmeninhaberin angeblich erst im Juni 2009, woraufhin sie Anzeige erstattete und ihn verantwortlich machte für die wirtschaftliche Schieflage der Firma.
Die Stellungnahme des Angeklagten zeichnet ein anderes Bild. Die Provisionen bekam er, weil er zusätzlich auf den Baustellen mitarbeitete. Damit wollte die GmbH, die ihren Firmensitz kurz zuvor von Zittau nach Willich, und ihren Tätigkeitsschwerpunkt von Altbausanierung auf Bauwerksabdichtung verlagert hatte, Lohnnebenkosten „ersparen“ und den Arbeitnehmern ein gutes netto bescheren.
Er habe zwar gewusst, dass das illegal sei, aber nach langer Arbeitslosigkeit und weil er eine Familie gründen wolle, habe er sich darauf eingelassen. So kamen im Durchschnitt 3500 Euro zusätzlich bar in die Haushaltkasse, mindestens 200 Stunden pro Monat habe er gearbeitet, auch abends und am Wochenende.
„Alle Zahlungen haben wir abgesprochen“, sagt er über die Zusammenarbeit mit dem Mann der Firmeninhaberin. Die Kontrolle des Kontos sei morgens dessen „erste Amtshandlung“ gewesen.
Dass die Chefs die Zahlungen nicht bemerkt haben wollen, daran zweifelt auch der vorsitzende Richter: „Betrügerische Buchhalter zweigen normalerweise kleine Summen ab, damit es nicht auffällt“ — das hält er dem Mann der Klägerin vor. „Dass ihnen so große und glatte Summen nicht auffallen?“ fragt er ihn. Der wiederum beruft sich auf seine Gutgläubigkeit und Blauäuigkeit.
In der nächsten Sitzung werden die Firmen-Inhaberin und weitere Mitarbeiter der Firma als Zeugen gehört.