Anrath: Mit Knast-Chefin klönen

Am Rande des Trödelmarktes hatte Künstler Wolfgang Krumnacker zum „Labertisch“ geladen.

Anrath. Lust auf ein "Laberkäffken"? Die beiden älteren Damen nahmen das Angebot von Wolfgang Krumnacker gern an. Der hatte vor dem Trödelmarkt im ehemaligen Verseidag-Gebäude seinen "Labertisch" aufgebaut. Bei Kaffee und Keksen kamen Gespräche zustande, für interessante Gesprächspartner hatte Krumnacker gesorgt.

Beate Peters, Leiterin des Männerhauses der Anrather Justizvollzugsanstalt, war mit leichter Verspätung gekommen. Der Trödel interessierte sie nicht ("Ich finde generell neue Sachen schöner"), aber Anrath und seine Bewohner mal aus einer anderen Perspektive heraus kennen zu lernen, machte der Wahl-Düsseldorferin schon Spaß.

Wie viel Männer sie denn unter sich habe? "Das Haus ist für 415 Gefangene ausgerichtet, aber in der Regel mit 460 bis 470 Personen belegt." Drogendelikte machten knapp ein Drittel aus. "Durch die neue Pforte kommen hoffentlich weniger Drogen ins Haus", erklärte die 45-jährige Juristin.

"Ich habe ein verrücktes, wildes Leben geführt, aber zu einem Aufenthalt im Knast hat es nie gereicht", stellte Wolfgang Krumnacker (63) im Hawaiihemd fest.

"Nehmen Sie doch erstmal ein Plätzchen", bot er Passanten an. Markus Gather, Rockmusiker, Initiator von "Anrath 1tausend" und Lehrer an der Robert-Schuman-Gesamtschule in Willich, war trotz seines Geburtstages zum Labertisch gekommen: Der gerade 41-Jährige fasste am Schluss zusammen: "Wir sind vom Hölzken aufs Stöcksken gekommen."

Krumnacker hatte ihm Tipps zur Herstellung vom Marmelade gegeben. Armut auf dem Lande war eines seiner Themen. Selbst im so satten Willich habe er im November von Schülern gehört, die er gefragt hatte, ob ihnen denn im T-Shirt nicht kalt sei, dass das Geld für eine Jacke fehle.

"Man bekommt hier Zugang zu einer ganz anderen Welt", freute sich Bärbel Meyer (47). Man kann man schon mal mit einer Gefängnisdirektorin sprechen? Oder mit einem Hypnotiseur? Wolfgang Meyer (62) aus Mülheim an der Ruhr gestand: "Es gibt keine einfache Definition für Hypnose."

Der Hypnotiseur stellte klar: "Hypnose ist kein Spiel, sondern eine ernsthafte Angelegenheit, mit der man verantwortungsvoll umgehen muss." 15 Prozent der Menschen seien leicht zu hypnotisieren, 15 Prozent relativ schwer. Alles, was einen seelisch bedrückt, sei über die Hypnose positiv zu beeinflussen.

Leider trauten sich nur wenige Passanten, ihren Teil zur großen Laberei beizutragen. Trotzdem wird Wolfgang Krumnacker seinen Labertisch immer wieder aufbauen - er ist ja regelmäßig als Trödler vor Ort.