Aqua Cycling: An der Oberkante Unterlippe

Was verbirgt sich hinter dieser Sportart? WZ-Redakteur stürzte sich mitten ins Geschehen der Willicher „Bütt“.

Willich. Zugegeben, es sieht schon ziemlich behämmert aus, wenn da zehn Fahrräder im Schwimmbecken stehen. Die Teile sehen aus, wie Spinning-Räder im Fitness-Studio. Nur, dass sie eben im Wasser stehen. Aqua-Cycling heißt der Sportkurs, den die Willicher Bütt brandneu anbietet. Was hat es damit auf sich? WZ-Redakteur Peter Korall machte den Eigenversuch, tauschte den Redaktions-Anzug gegen die Badehose und radelte mit.

"Hautpsache, die Knie werden nicht durchgedrückt", erklärt Dirk Schröder, der den Kurs leitet. Er hilft allen bei der Einstellung des Rades, sprich: Sattel- und Lenkerhöhe sowie das Verschiebung in Längsrichtung. Außerdem stellt er den Widerstand ein, kleine Brettchen sorgen dafür, dass die Treterei hinterher nicht zu leicht wird.

Dann wird’s ernst. Hinein ins Becken, rauf aufs Rad. Aufwärmen. Die Hand zur Faust ballen, den Arm durchs Wasser führen, die Schultern lockern. Es geht los. "Treten, schneller, Spurt", kommandiert der Mann. Aus dem Sattel, "vier, drei, zwei, eins, setzen, ausruhen". Nach wenigen Minuten spüre ich im Oberschenkel das untrügliche Gefühl, dass die Angelegenheit anstrengend ist, so richtig anstrengend. Es brennt ganz gewaltig. Wenn alle Teilnehmer das auch so spüren, müsste die Wassertemperatur im Becken steigen - glaube ich jedenfalls.

Dann kommandiert der Trainer eine Stellung, die ich so vom Spinning, das ich seit Jahren mache, logischerweise nicht kenne: Wir bleiben mit den Füßen auf den Pedalen, schwingen uns mit den Hinterteilen aber hinter den Sattel. "Die Hände lösen und schwimmen", fordert Dirk. Das ist heftig, das Wasser steht nicht nur im übertragenen Sinne an der Oberkante Unterlippe. Kurz bevor ich aufgeben will, dürfen wir auf den Sattel zurück. Das Brennen im Schenkel ist einer angenehmen Wärme gewichen, ich habe mich in einen ziemlich runden Tritt hineingearbeitet.

Das nutzt mir in den nächsten Minuten nicht wirklich viel. Der Trainer möchte eine Art Liegestütz auf dem Lenker sehen. "Vor, zurück, vor, zurück". Zum Glück spritzt immer wieder Wasser hoch, so fällt der Schweiß nicht weiter auf. Und kaum habe ich mich von diesen "Spielchen" ein wenig erholt, soll ich wieder hinter den Sattel und schwimmen. Und nachdem dies erfolgreich bewältigt ist, sind die Beinübungen wieder dran. Zehn Minuten vor Ende der Stunde ertappe ich mich dabei, dass ich auf die Uhr schaue und mich aufs Ende freue.

Ganz so schnell geht das nicht, die ein oder andere "Nickeligkeit" hat Dirk Schröder noch im Programm. Was die Stunde mit ihm so angenehm macht: Ich sitze in der zweiten Reihe, quasi im Windschatten eines anderen Teilnehmers. Da kann man sich ein wenig verstecken, muss nicht alles hundertprozentig mitmachen. Um dann mit breiter Brust wieder aus dem Sattel zu gehen und so zu tun, als sei alles "völlig easy" - Angeberei in eigener Sache.

Es geht ans Abwärmen, die gestresste Muskulatur will gedehnt und entspannt werden. Das dauert so um die sieben, acht Minuten. Fertig, geschafft. Der Trainer heimst den verdienten Applaus der Teilnehmer ein. Ich könnte mich mit Aqua-Cycling anfreunden. Auch wenn es sich zunächst komisch anhört, dass man nach einem Radel-Kurs Muskelkater in Armen und Schultern hat.