Beschützer und Fan der Royals

Der Engländer Jon Cryle betreibt in Anrath ein Café. Als Polizist lernte er die königliche Familie persönlich kennen.

Anrath. Der Ort atmet Zeitgeschichte: Die britischen Royals auf Originalfotos — Queen Elisabeth II. noch vor ihrer Krönung, Prinz Charles und seine Geschwister im zartesten Kindesalter mit Nanny, der verstorbene letzte König der Insel. Begleitet wird das Ganze von einem Stück aus einer Einladung zu Charles’ und Dianas Hochzeit sowie Bildern von Queen Mum und dem Prinzgemahl mit ihrem Sicherheitspersonal.

Nein, wir befinden uns nicht in einem Londoner Museum, sondern in einem Café an der Jakob-Krebs-Straße in Anrath. Das gehört Jon Cryle, der es im vergangenen August eröffnet hat. Der Name — Royals Cafe — ist Programm: Der Brite zählt zu den verhältnismäßig seltenen Personen, die von sich behaupten können, die Mitglieder des britischen Königshauses privat und persönlich zu kennen.

Rund 23 Jahre lang war er als Polizist für ihre Sicherheit verantwortlich. „Im Buckingham Palace, im Castle in Balmoral in Schottland, überall“, sagt der 52-Jährige, der seit einigen Jahren pensioniert ist.

Wie, fragt man sich an dieser Stelle, kommt der Mann 1. nach Anrath? 2.: zu einem Café? Nun, auch ein englischer Polizist macht mal Urlaub. 2003 lernte Cryle in Österreich seine heutige Frau Doro kennen. Die gebürtige Süchtelnerin lebte seit 20 Jahren in Anrath. „Eigentlich war es immer mein Traum, in Windsor ein Café zu eröffnen“, sagt Cryle. Jetzt habe er diesen Traum halt in Anrath wahr gemacht.

Zwar hat er nach wie vor ein Haus in Ascot — ganz in der Nähe der berühmten Pferderennbahn — zurück will er aber nicht. „England ist ein großartiger Ort. Deutschland ist besser“, sagt er, und kein Zucken in seinem Gesicht deutet darauf hin, dass er das nicht ernst meinen könnte. Im Gegenteil: „Ihr Deutschen wisst manchmal überhaupt nicht, wie gut ihr es habt.“ Wie gesagt: manchmal.

Hier seien die Leute freundlich, könne man ganz spontan Dinge tun wie den Grill anschmeißen oder sich zu einer Tour aufs Rad schwingen. „In England unmöglich, zumindest in London. Dort ist alles rasend schnell.“ Da reicht es ihm offenbar, dass er einen Teil seines Berufslebens im Royals Cafe in Gestalt der vielen Fotos, Bilder und Schriftstücke um sich herum hat.

Wie waren sie denn so, die Mitglieder der Königsfamilie? Reden sie mit Untergebenen? „Ja“, sagt der ehemalige Polizist. „Natürlich kann man sie nicht ansprechen. Das müssen sie schon tun. Und das taten sie auch.“ Auf dem Castle in Schottland seien sie besonders „laid back“ (entspannt) gewesen. „Die Queen weiß jede Menge, zum Beispiel über die Gestirne und übers Wetter“, erzählt Cryle.

Zurück in Anrath: Wie wahrt er seine Identität? Der Mix macht’s. So fand beispielsweise die Trauung mit Ehefrau Doro in der Stadthalle von Windsor statt — am selben Ort wie bei Charles und Camilla. Als Gäste waren rund 70 Anrather mitgekommen.

Kann man sich mit einem Engländer unterhalten, ohne am Ende den Fußball zu thematisieren? Nein. Jon Cryle ist Fan des FC Redding. Der Club ist gerade in die Premier League aufgestiegen. Und das Endspiel der Fußball-EM bestreiten Deutschland und Spanien, sagt er.

Wie hat der Mann das Thronjubiläum Ihrer Majestät erlebt? „Ich musste arbeiten. Aber zu Hause lief natürlich immer der Fernseher. Das Konzert letzte Nacht mit Paul McCartney und Elton John habe ich gesehen.“

Ein Foto, das unmittelbar neben der Theke hängt, will so gar nicht in den Rahmen passen, obwohl es ihn mit einem adeligen Prominenten zeigt: Jon Cryle ist dort abgelichtet mit dem Kaiser — Franz Beckenbauer.