Alternativen vorgestellt Eine große Chance vertan

Tönisvorst · Die Kritiker des Mammutprojektes Campus durften im Rahmen einer öffentlichen CDU-Fraktionssitzung ihre Alternativen darlegen.

Die Kritiker des Campus-Projekts stellten auf der Mitgliederversammlung der CDU Tönisvorst im Schulzentrum Corneliusfeld ihre Konzepte vor.

Foto: Alexander Florié-Albrecht

Vor dem Eingang des Schulzentrums durften die knapp 100 Gäste am Montag Abend erst einmal einen Corona-Schnelltest machen, weswegen sich die Sitzung um knapp eine halbe Stunde verzögerte. „Am Nachmittag hat uns die Nachricht erreicht, dass wir, weil es ein Schulgebäude ist, testen müssen — unabhängig vom Impfstatus“, erläuterte Christian Rütten zu Beginn der öffentlichen Fraktionssitzung im Forum Corneliusfeld. Die Stadt hatte der Partei dafür Testkits zur Verfügung gestellt. Und online konnte man die Sitzung auf der Facebook-Seite der Partei verfolgen.

Die CDU habe im Dezember im Rat zwei Anträge zur Vorstellung von Alternativen zum Campus gestellt, die „mit rot-grüner Ratsmehrheit abgelehnt“ worden seien, sagte Rütten zu Beginn.

„Wir wollen Ihnen als Bürger Gelegenheit geben, sie anzuhören, uns zu informieren.“ Die Vorschläge gäben aber nicht die Fraktionshaltung wieder. Die werde man sich dazu intern danach bilden.

Die anschließenden eineinhalb Stunden gaben aber nur die Chance, relativ kurz und kompakt die Alternativen aufzuzeigen. In einem gut vierminütigem Statement skizzierte die CDU-Fraktionsvorsitzende Anja Lambertz-Müller kurz die Campus-“Vision“ der Verwaltung mit ihrem Würfel-Konzept für Gesamtschule und Gymnasium nahe des Wasserturms und mit den Klimasiedlungen, dem Kostenfaktor von 119 Millionen Euro, der sich nach dem Verkauf der Alt-Standorte und Fördergeldern auf 87 Millionen Euro reduziere.

Etwas konkreter waren Burkhard Kuphal und Stephanie Wickerath mit ihrem CampCorn-Konzept. Als überparteiliche Initiative habe man auch den anderen Fraktionen angeboten, ihre Idee vorzustellen, machten sie klar. Die Schulneubauten am Wasserturm hätten sie nicht überzeugt, unterstrich Wickerath. „Wir wollen den Schulstandort Corneliusfeld erhalten“, so Kuphals Aussage. „Deshalb wollen wir den Bestandsbau komplett sanieren, auch energetisch.“

Zukünftig sollen die Räumlichkeiten dem Michael-Ende-Gymnasium zur Verfügung stehen. Weiterhin soll das Fachraumzentrum auf dem Gelände errichtet werden und dort drei Lernhäuser entstehen. Man habe die Campus-Zahlen und die Gebäude 1:1 übertragen.

Konzept aufgestellt, um
Gehör zu finden

Am Kirchenfeld könnten Klimasiedlungen aufgebaut, Sozialwohnungen oder auch bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Der Neubau am Standort und die Sanierung würde nur etwa 37,09 Millionen Euro kosten — im Gegensatz zu den 85 Millionen beim Campus-Projekt. Das sei eine enorme Differenz. Mit dem Geld könne man „die schönsten Schulen bauen, etwas für die Jugend machen und braucht kein Glanzprojekt“, argumentierte Kuphal.

Mit CampCorn entstehe kein zusätzlicher Flächenverbrauch, gingen die Ressourcen beim Abriss der Gebäude für die Klimasiedlungen nicht verloren. Man erhalte den Grünzug am Wasserturm als „den einzigen Raum, wo Luftaustausch möglich ist“, so Kuphal. Und beim Verkehr sei die Lage an der Corneliusstraße mit dem Betrieb morgens auch „nicht schön“. Aber die Lage dort sei viel unkritischer als beim Campus an einer der Haupteinfahrtsstraßen zwischen Düsseldorfer und Vorster Straße — mit Tempo 50, Schwerlastverkehr, „durchdonnernden“ Krankenwagen und fehlenden Parkplätzen am Campus-Gelände. Die Beeinträchtigungen in der Bauphase seien aber bei CampCorn sicher kritischer zu sehen.

In der späteren Diskussion wurden Zweifel an der Vergleichbarkeit und den Berechnungen von CampCorn zum Campus laut. Eine Anwohnerin verwies auf das Risiko, dass ihr Grundstück mit den heranrückenden Objekten an Wert verlöre. Und der Schulleiter der Rupert-Neudeck-Gesamtschule, Andreas Kaiser, verwies darauf, dass es wohl ein Gedankenfehler sei, wenn der „Altbau“ dem Michael-Ende-Gymnasium zufalle, die Gesamtschule aber nicht aus drei Lernhäusern bestehen könne. „Welche Räumlichkeiten wo sind, das kann ja alles noch geplant werden“, verteidigte Kupal den Ansatz. Es handele sich um eine Skizze als Impuls für die Verwaltung. Es gehe darum, eine Alternative vorzulegen, um in der Debatte überhaupt gehört zu werden. „Die Verwaltung zieht das sonst so komplett durch, dazu stehe ich“, meinte er mit Blick auf das Verfahren und den Campus-Vorschlag.

Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren startet

Wickerath wies auf die Homepage „campcorn.de“ hin, wo ihre Ideen dokumentiert sind. „Wir haben ein Bürgerbegehren gestartet, dafür werden wir voraussichtlich nächste Woche mit der Sammlung beginnen“, sagte sie. Das Büro der Initiative wird wohl bei der Turnerschaft eingerichtet. 

Für die CDU skizzierte Alexander Decher nochmal die Entwicklung hin zum 2018 gefassten Entscheid für ein Fachraumzentrum mit Altbausanierung, die er als „sehr gute Lösung“ charakterisierte. Man werde prüfen, ob man damit in den Korridor der Summe für das Campus-Projekt komme. Dass es „weggewischt und neu gedacht“ worden sei, sei in Ordnung. Das solle dann aber auf fundierten Grundlagen geschehen „und nicht nur auf einem Gefühl und einer Vision.“ Die CDU befürchte, dass es erst greifbare Zahlen gebe, wenn ein Beschluss vorliegt. Eine Machbarkeitsstudie und ein Wirtschaftlichkeitsgutachten sei ein „Muss“ für die CDU. Das habe die Ratsmehrheit aber abgelehnt.

Der stellvertretende Schulleiter des Michael-Ende-Gymnasiums, Wolfgang Folz, machte klar, dass er seit vierzehn Jahren einen Schulmangel verwalte, der ab 2026 noch größer werden kann. Er skizzierte nur grob die Idee, am Wasserturm Neubauten für die Gesamtschule einschließlich einer Dreifachturnhalle zu errichten, den Schulstandort Kirchenfeld zur Klimasiedlung zu machen und den Schulstandort Corneliusfeld für das Gymnasium zu sanieren. So könne man die gut 2000 SchülerInnen entzerren. Er verwies auf die Webseite „schulentscheid-toenisvorst.de“, wo man vier Alternativen — Campus, CampCorn, Fachraumzentrum und Gesamtschule am Wasserturm — abrufen könne. Er hoffe, dass sie ein Forum der öffentlichen Debatte werde und sicherte zu, sie laufend zu aktualisieren.