Neue Selbsthilfegruppe in Willich Hilfe für das Leben mit Endometriose

Neersen · Die weit verbreitete Frauenkrankheit Endometriose bedeutet für Betroffene Belastungen wie extreme Regelschmerzen. Aber da sind auch die Sorgen, dass es mit dem Kinderwunsch nicht klappt. In Neersen gibt es nun eine Selbsthilfegruppe, in der Frauen sich austauschen können und Unterstützung finden.

Die 30-jährige Jenny Grütter hat vor sechs Jahren selbst erfahren, dass sie an Endometriose erkrankt ist. Sie bemängelt, dass Ärzte die Betroffenen und ihre Beschwerden häufig nicht ernst nehmen würden.

Foto: Norbert Prümen

Weltweit erkrankt jede zehnte Frau an Endometriose – mehr als an Diabetes. Und doch wissen viele nicht, was es mit der gynäkologischen Krankheit auf sich hat. Dabei bilden sich außerhalb der Gebärmutterhöhle gutartige schleimhautähnliche Wucherungen, die meist in benachbarten Organen und Geweben wie Eierstöcken, Darm oder Bauchfell wachsen.

Es gibt Frauen, die bleiben symptomfrei und können gut mit Endometriose leben, für viele andere bedeutet die chronische verlaufende Krankheit ein Alltag mit erheblichen Beschwerden: Dazu zählen zum Beispiel Inkontinenz, zyklische sowie azyklische Unterbauchschmerzen, eine sehr starke Regelblutung, Schmerzen beim Wasserlassen, Darmbeschwerden oder extreme Erschöpfung. Und: Weil die Eileiter verkleben kann, werden Frauen mit Endometriose deutlich schwieriger schwanger – Studien sprechen von einer um 50 Prozent verminderten Fruchtbarkeit – und haben ein höheres Risiko für Fehlgeburten.

Was alle Fälle gemeinsam haben: Betroffene wissen nie, wie die Zukunft aussehen wird und müssen lernen, ihren Alltag mit der Erkrankung zu teilen. Obwohl die Krankheitsanzeichen vielfältig sind, wird Endometriose meist erst spät festgestellt. Durchschnittlich vergehen acht Jahre, bis eine Betroffene endlich weiß, dass es einen Grund für ihre Schmerzen gibt. Entdeckt wird Endometriose meist erst, wenn der Kinderwunsch unerfüllt bleibt oder das Leiden während der Regelblutung sehr stark wird. Gerade für den Kinderwunsch und eine zielgenaue Behandlung ist die Diagnose aber entscheidend.

„Aufmerksamkeit und Aufklärung sind wichtige Elemente, damit Ärzte, Betroffene und Angehörige verstehen, dass starke Regelschmerzen nicht normal sind, sondern ein erstes Anzeichen von Endometriose sein können“, erklärt die 30-jährige Willicherin Jenny Grütter, die selbst unter der Krankheit leidet und sich jetzt dazu entschlossen hat, für alle Betroffenen eine Endometriose-Selbsthilfegruppe in der Begegnungsstätte in Neersen zu gründen.

Ihre Diagnose erhielt die Psychologiestudentin im Alter von 24 Jahren. Jahrelang litt sie an starken Symptomen und doch wurde sie lange Zeit nicht auf Endometriose untersucht. Das liege daran, dass die Ärzte meist zunächst versuchen würden, alle alternativen Erklärungen für die Beschwerden auszuschließen und durch die unterschiedlichen Verläufe gebe es meist kein einheitliches Diagnosebild, erklärt sie. Um sie festzustellen, muss eine Bauchspiegelung über einen Schnitt in der Bauchdecke mittels einer Spezialkamera durchgeführt werden. Erhält eine Frau also die Diagnose Endometriose, hat meist bereits eine Operation stattgefunden. Obwohl es in den vergangenen Jahrzehnten einige Fortschritte in der Forschung gegeben hat, ist die Entstehung und Entwicklung der Krankheit immer noch nicht vollständig geklärt. Operationen oder Hormontherapien, wie zum Beispiel durch die Anti-Baby-Pille, scheinen die einzigen Behandlungsmöglichkeiten zu sein. Heute weiß man aber auch, dass operative Eingriffe die Schmerzen sogar verschlimmern können und Hormonpräparate weder von jeder Frau vertragen, noch eine Garantie für eine Besserung sind. Oft bleibt dann nur noch die Einnahme starker Schmerzmittel.

Grütter selbst stört vor allem, dass Frauen, die aus Sorge ihren Frauenarzt aufsuchen, häufig wieder nach Hause geschickt werden, mit den Worten, dass Schmerzen während der Periode normal seien. Oftmals werde aber auch direkt die Pille verschrieben, ohne dass überhaupt ein vernünftiges Aufklärungsgespräch geführt wurde, sagt sie.

Die Krankheit wird gerne darauf reduziert, dass sie gutartig ist, da die Wucherungen zwar schmerzhaft, jedoch nicht tödlich sind. „Mit dieser Aussage tue ich mich immer schwer, denn die Krankheit kann Organe beeinträchtigen. Es gibt sogar Frauen, die ihre Nieren verlieren, andere mit Teilentfernungen der Blase oder des Darms. Es gibt viele mögliche Folgen“, erklärt Jenny Grütter.

Mit der Gründung der Selbsthilfegruppe möchte sie allen Frauen, die mit der Krankheit zu kämpfen haben, einen Ort und eine Zeit für gegenseitige Stärkung, Austausch und Ermutigung bieten. „Viele gehen mit dem Thema sehr schambehaftet um, obwohl ein offener Austausch den Alltag meist deutlich erleichtern kann“, sagt die Willicherin, die selbst versucht, mit ihrer Situation offen umzugehen, damit auch ihr Umfeld die Möglichkeit hat, sie zu verstehen und zu unterstützen.

In den monatlichen Sitzungen soll es vor allem um Verständnis gehen. Betroffene sollen eine Möglichkeit haben, ihre Sorgen, Ärgernisse und Frustration in einem geschützten Raum zu äußern, ohne auf Unverständnis und Ratlosigkeit zu stoßen. Darüber hinaus soll es weitere Vorträge und Termine geben, zum Thema Ernährung, Yoga-Übungen oder anderen Selbsthilfemaßnahmen bei Endometriose.

(soha)