Willich Heiligabend wird gemeinsam gefeiert
In Willich ist es seit Jahrzehnten Tradition, dass niemand den Auftakt des Festes alleine verbringen muss. Die Teilnehmer kommen aus allen Stadtteilen.
Schiefbahn. 68 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich angemeldet, 64 waren gekommen zur Heiligabendfeier für Einsame im Hubertusstift. Es war das mittlerweile 34. Mal und einige wenige Besucher wie der frühere stellvertretende Bürgermeister Detlef Nicola konnten sich noch an die Anfänge erinnern bei der Familie Schmitz in Neersen im Wohnzimmer.
Lieselotte Wenzel aus Schiefbahn
Vieles hat sich nicht geändert in all den Jahren. So fällt es offenbar den Frauen leichter als Männern, von solchen Angeboten Gebrauch zu machen. Birgit Lee von der Seniorenstelle begrüßte die Besucher und schaltete im übertragenen Sinn damit einen kurzen Werbeblock: Viele Spender hatten die Feier in dieser Form erst ermöglicht, hatten dafür gesorgt, dass die Besucher aus allen Willicher Ortsteilen abgeholt wurden, dass es leckeren Christstollen gab und zum bescherenden Abschluss für jeden eine Tüte mit kleinen Geschenken.
Gerd Wynands (72) spielte wieder am Keyboard Weihnachtslieder und trug Weihnachtsgeschichten vor — er tat dies jetzt zum siebten Mal. Theologia Heen unterstützte nicht nur erstmalig das Team der Ehrenamtler, sie hatte auch Plätzchen gebacken. Nadja Hark war mit ihren 22 Jahren die jüngste Helferin. Als 16-Jährige war sie zum ersten Mal Heiligabend im Hubertusstift und nicht zu Hause bei ihrer Familie.
Auf den ersten Blick viel auf, dass die Frauen eindeutig in der Überzahl waren. Wer sich mit den Menschen unterhielt, machte eine positive Erfahrung: Wirklich mutterseelenallein muss niemand durchs Leben gehen.
Da war zum Beispiel Lieselotte Wenzel aus Schiefbahn. Die 84-Jährige hatte Besuch von ihrem Sohn, wollte Heiligabend aber lieber unter Gleichaltrigen verbringen. „Ich kenne hier etliche Frauen vom Gedächtnistraining, vor allem aber vom Witwenclub der Emmaus-Kirchengemeinde“, sagte die alte Dame.
Erika Hartings dürfte mit ihren 63 Jahren wieder die Jüngste gewesen sein. Zwischen Kaffee und Kuchen und dem Buffet aus der Küche des Hubertusstifts holte sie ihr Strickzeug raus. Ihre Mutter Gertrud Schlieben saß mit am Tisch sowie eine Bekannte: „Ich habe drei Kinder, aber zu keinem mehr Kontakt. Ich möchte nicht weiter darüber reden“, erklärte die 60-jährige Willicherin. Seelische Wunden wie ihre platzen gerne an besinnlichen Tagen wie Heiligabend leichter auf. Allein zu Hause würde das noch mehr wehtun als in Gesellschaft.