Kunst in Willich Das Gründerzentrum ist wieder fest in Künstler-Hand

Willich · Einmal mehr präsentiert der Kunstverein Willich im Gründerzentrum seine Jahresausstellung. Insgesamt 21 Künstlerinnen und Künstler zeigen ein breites Kunstspektrum zum Thema „Innenwelten und andere Räume“.

Ein Kunstwerk von Richart (re.): Klaus Behrla (l.) und Eva M. Mathes befinden sich in der EDV-freien Zone, der alubeschichteten Platte, die relativ unscheinbar in einer Ecke des Gründerzentrums liegt.

Foto: Sven Schalljo

Schon am Eingang des Gründerzentrums begrüßt die Besucher des Gebäudes eine Skulptur, die zum Nachdenken anregt. Auf einem rund zwei Meter hohen, seltsam verdreht gewachsenen Ast, sind Treppenstufen angebracht, sodass er an eine Wendeltreppe erinnert. Auf diesen stehen Figuren, die Musik machen. Manche stehen sicher und fest, andere scheinen fast herunter zu fallen. Der Lebensbaum bietet Raum für Spekulation. Welche Musik spielen die Figuren? Fallen sie herunter? Läuft das Leben ähnlich verdreht, wie der Ast?

Das Stück ist der Auftakt einer Ausstellung, die den Besucher stark auf das eigene Innenleben zurückwirft und ihn zu Fragen anregt. Die 21 Künstlerinnen und Künstler, davon acht des Kunstvereins, stellen aus und nutzen unterschiedlichste Mittel, den Betrachter anzusprechen. So wie Emmanuel.le Mazaud mit einer Skulptur, die sich selbst die Haut vom Gesicht zu ziehen scheint und zugleich in der Nierengegend tief ins Fleisch drückt. Ob es ein Schauspieler ist, der eine Rolle abstreift? Eine Selbstgeißelung? Das entscheidet der Betrachter.

Richart, zweiter Vorsitzender des Vereins, experimentiert vor allem mit Buchstaben, die ineinanderfließen und Botschaften übermitteln. Eher unauffällig kommt eine Platte daher, die mit Aluminium beschlagen ist. „Das ist ein technikfreier Raum. Besucher dürften darauf treten und dann echte menschliche Nähe erleben, sich im Angesicht unterhalten und kein Handy, keinen Rechner nutzen“, erläutert er.

Besucherinnen loben Kontrast von Industriebau und Kunst

Weniger plastisch sind die Bilder von Eva M. Mathes. Sie wirken verwischt, irgendwie neblig und keineswegs explizit. „Das ist mein Innenleben“, erzählt die Künstlerin. Auf den ersten Blick ist dieses extrem unaufgeräumt. „Am Ende ist aber alles noch im grünen Bereich“, sagt sie lachend. Die Bilder zu malen sei eine große Überwindung gewesen. „Man offenbart so auch einen großen Teil des eigenen Selbst. Eigentlich bin ich eher kontrolliert in meiner Kunst“, erzählt sie.

Beide sind begeistert von dem, was Kurator und Vereinsvorsitzender Klaus Behrla da zusammengestellt hat. „Es ist eine extreme Bandbreite und für jeden Besucher ist etwas dabei“, stellt Richart, so sein Künstlername, fest und Mathes nickt zustimmend. Der so gelobte lächelt zufrieden. „Das war der Plan. Wir haben bewusst ein sehr offenes, weithin interpretierbares Thema gewählt“, sagt er. Die Mischung zwischen jungen, aufstrebenden Kunstschaffenden und etablierten Kollegen auch aus dem Kreis des Kunstvereins, sei auch in seinen Augen sehr gelungen.

Dass der Kunstverein erneut im Gründerzentrum ausstellt, ist für ihn ein kleines Problem, denn der Verein muss den Raum mit vielen anderen Veranstaltungen teilen, sodass große Teile der Flächen nicht bespielbar sind. Eigentlich sucht er seit geraumer Zeit nach anderen Orten. Das sehen drei Besucherinnen, die zufällig in der Nähe stehen, ganz anders. „Gerade dieser Kontrast zwischen altem Industriebau und der modernen Nutzung bietet doch eine tolle Kulisse für die Kunst“, sagt eine der Damen, die ihre Namen nicht nennen möchten. Die Gäste sind eigens mit dem Fahrrad angereist, um die Kunst in Ruhe zu genießen. Eine kurze Diskussion entsteht. „Ich finde, das ganze ist toll gemacht und alles ergänzt sich sehr gut“, betont eine andere Dame versöhnlich, meint damit aber explizit auch die Kulisse.

Der weitere Weg durch die Ausstellung offenbart weitere faszinierende Stücke: einen Turm aus Schachteln, die die Grundrisse von Wohnungen aus Düsseldorfer Annoncen zeigen – hochpreisig und mit eingespielter Geräuschkulisse. Oder Ulrich Timmermanns Installation, bei der von einem Kasten, der wohl ein altes Radio ist, Kabel zu Schwarz-Weiß-Bildern laufen, die an Röntgenaufnahmen gemahnen.

Oder auch eine weitere Installation der Schweizerin Aurelia-Josefin Widmer, die klare Reminiszenzen an Joseph Beuys enthält und „Tschau Sepp“ (Sepp ist die Koseform für Josef) heißt.