Polen – St. Tönis mit dem Fahrrad

Von Oppeln an den Niederrhein fuhren zwei junge Männer in knapp zwei Wochen – ohne Panne.

Tönisvorst. Jugendliche können eigen sein - und eigenwillig. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt haben. Dennis Gabrysch aus St.Tönis ist ein solches Exemplar. "Schon mit 15 Jahren wollte ich mit dem Rad zu meinen Großeltern fahren", sagt der heute 18-Jährige, der in Krefeld zur Marienschule geht.

Dieser Wunsch wäre nicht besonders außergewöhnlich. Nur: Dennis’ Großeltern wohnen in Oppeln, Polen. Gemeinsam mit Cousin Markus Matera (22) hat Dennis sich diesen Wunsch nun erfüllt. Allerdings in umgekehrter Richtung: Die jungen Männer radelten von Oppeln nach St. Tönis - 1040 Kilometer in knapp zwei Wochen.

"Wir hatten nichts dagegen", sagt Vater Bernhard Gabrysch. Es gab nur zwei Bedingungen: Dennis sollte 18 Jahre alt sein, und er sollte nicht alleine fahren. Die zweite Bedingung zu erfüllen, war nicht so einfach. "Ich habe Markus gefragt. Er wollte auch, es war aber nicht klar, ob er Urlaub bekommen würde." Der Mann, der in Duisburg wohnt und bei einer Bank arbeitet, bekam frei. Allerdings wegen einer Prüfung erst sehr kurzfristig.

Während die gesamte Familie schon in Polen war und mit den Großeltern feierte, kam Markus auf den letzten Drücker.

Die Räder und die Ausrüstung waren längst nach Polen geschafft. An einem Montag schwangen sich der schlacksige Blonde und der nicht ganz so große dunkelhaarige Duisburger auf ihre Treckingräder. Es ging Richtung Tschechien. "Wir wollten unbedingt Prag noch mitnehmen", erzählt Dennis. Gesagt getan. Es ging also sofort in die Berge, mit rund 35 Kilogramm Gepäck pro Rad kein Zuckerschlecken.

Wie ging’s mit der Kondition? "Mal so, mal so", sagt Dennis. Man müsse sich sein Tempo suchen. Gehe man die Etappe zu schnell an, sei die Kraft frühzeitig verbraucht, die Weiterfahrt richtig mühsam. Das kam vor, manchmal. Und an einem Tag machte das Wetter den beiden einen gehörigen Strich durch die Rechnung. "Es regnete, als wir morgens aufstanden. Als wir abends ins Bett gingen, war’s immer noch dran." Das Duo schaffte "nur" 68 Kilometer. "Wir haben das Rad zum Teil über Steine tragen müssen, einmal ging’s sogar über eine Wiese."

Wie ging die Verständigung? In Polen und Tschechien meist in Englisch, obwohl Markus Polnisch kann. "In Prag sprechen viele Deutsch", sagt Dennis. Überhaupt, die tschechische Hauptstadt hat es den beiden angetan. Hier blieben sie drei Nächte, tagsüber absolvierten sie ein strammes Touri-Programm.

Übernachtet wurde in Hostels, einfachen Herbergen. Oder im Zelt. Ausgerechnet in Stare Mesto, der Tönisvorster Partnerstadt, fanden die beiden jungen Deutschen keine Herberge. Eine Frau nahm sich ihrer an und stellte ihren Garten zur Verfügung, wo sie ihr Zelt aufschlugen.

Und die Verpflegung? "Och, das haben wir oft spontan gemacht, wenn zum Beispiel ein Supermarkt an der Strecke lag", sagt Dennis. So waren manche Mahlzeiten eher Glückssache, besonders die Tageszeit, zu der sie eingenommen wurden. Wir haben viel Cola getrunken, irgendwann hast Du keine Lust mehr auf Wasser", lacht Dennis. Und Süßigkeiten verschnabulierten sie ohne Ende.

Ganz stramm stellte sich die Etappe von Prag nach Dresden dar. Rund 150 Kilometer, entsprechend platt fielen beide am Abend ins Bett. Weiter ging’s nach Leipzig. Von dort aus fuhren die Radler mit dem Zug nach Hannover. "Das war dem Abstecher nach Prag geschuldet, sonst hätten wir es nicht geschafft", sagt der junge St. Töniser.

Pannen? Fehlanzeige. "Nicht eine einzige", sagt Dennis. Einen kleinen Motivations-Hänger gab’s in der zweiten Woche. Das legte sich: Als die beiden am letzten Tag Castrop-Rauxel verließen, ging’s so gut vorwärts, dass sie beschlossen, durchzuziehen und keine Zwischenübernachtung einzulegen.

"Stutzig haben uns nur die permanenten Handy-Rückfragen gemacht. Dauernd wollte man von uns wissen, wann wir ankommen. Wir ahnten, dass da was im Busch war." Richtig: Vor dem Haus im Pipper wartete ein Empfangskomitee aus Freunden und Nachbarn. Dennis und Markus wurden mit La-Ola empfangen. Da war die Müdigkeit so weit verdrängt, dass bis zum nächsten Morgen gefeiert wurde.