Erste Jahrgangsstufe 11 Gesamtschüler genießen die neuen Freiräume in der Oberstufe

St. Tönis. · Seit dem Sommer gibt es an der Rupert-Neudeck-Gesamtschule eine Jahrgangsstufe elf – mit besonderen Konzepten.

Birgit Sokol (Leiterin der Oberstufe) und Schulleiter Andreas Kaiser in einem Klassenraum, in dem die Schüler gerade an Aufgaben aus der individuellen Lernzeit arbeiten.

Foto: Emily Senf

Im Klassenzimmer im ersten Stock der Rupert-Neudeck-Gesamtschule in St. Tönis macht jeder, was er will. Der eine lernt Niederländisch, Lea (16) beschäftigt sich mit Erdkundeaufgaben, und für Theresa (16) steht Pädagogik auf dem Programm. Die Oberstufenschüler befinden sich in der sogenannten individuellen Lernzeit. Darin müssen sie zwar wöchentlich bestimmte Aufgaben bearbeiten, aber wie und wann – das ist ihnen selbst überlassen. Lea und Theresa finden’s gut. „Wir können viel ausprobieren und müssen lernen, uns zu organisieren“, sagt Lea. Sie beide gehören zur Jahrgangsstufe elf und damit zur ersten Oberstufe an der Schule, die sich noch im Aufbau befindet.

Die Gesamtschule ist aus der Sekundarschule hervorgegangen, die 2013 gegründet wurde. Zunächst habe die Sekundarschule gute Anmeldezahlen gehabt, erinnert sich Andreas Kaiser, aber nach einem „großen Einbruch“ 2016 stellte die Schule den Antrag zur Umwandlung in eine Gesamtschule. In jenem Herbst kam Kaiser als Schulleiter nach St. Tönis und wollte dafür sorgen, dass sich die Einrichtung von anderen Schulen abhebt. Dazu gehören Schwerpunkte wie soziales Engagement, eine Zusammenarbeit mit dem Düsseldorfer Schauspielhaus und der „Gemeinsame Anfang“. So haben Schüler der Klassen fünf und sechs die erste Stunde eines jeden Tages bei ihrem Klassenlehrer. Statt Klassengeschäfte, die im Laufe eines Schuljahres anfallen, immer mal wieder im Unterricht zu klären, gibt es dafür nun einen festgelegten Zeitpunkt. „Das hat sich positiv auf das Zusammenwachsen der Klassen ausgewirkt“, berichtet Kaiser. Die Lehrer seien näher an den Schülern dran, es gebe weniger Konflikte.

Theresa (links) und Lea (beide 16) finden es gut, dass sie durch das Konzept der Schule lernen, sich selbst zu organisieren.

Foto: Emily Senf

Drei Tutoren halten nach, dass jeder seine Stundenzahl erfüllt

Auch eine Oberstufe wie jede andere soll es an der Rupert-Neudeck-Gesamtschule nicht geben. „Wir wollten ein anderes Profil“, sagt Oberstufenleiterin Birgit Sokol. Sie wählten das Dalton-Prinzip, eine spezielle Form des individuellen Lernens, die von der amerikanischen Lehrerin Helen Pankhurst entwickelt wurde. 17 ihrer 34 Stunden pro Woche können die Schüler dafür verwenden, mindestens 15 müssen sie. Sie bearbeiten vorgegebene Aufgaben, müssen das aber nicht bei ihrem jeweiligen Kurslehrer machen, sondern können einen Lehrer wählen, dessen Art zu erklären ihnen vielleicht besser liegt. „Es ist kein Ersatz für Hausaufgaben oder das Vokabellernen zu Hause“, betont Kaiser. Signifikant habe sich der Erfolg in Biologie gezeigt, sagt Sokol. So habe ein Lehrer in der individuellen Lernzeit in kleinen Gruppen statt mit dem ganzen Kurs mikroskopieren können. „Das ist ein ganz anderes Arbeiten“, sagt Oberstufenleiterin Sokol. Auch Theresa, die zuvor bereits die Einführungsphase (elfte Klasse) an einem Gymnasium besuchte, sagt: „Man hat mehr Zeit und weniger Druck.“ Drei Tutoren halten nach, dass jeder seine Stundenzahl erfüllt.

Rund 70 Voranmeldungen für die Einführungsphase lagen im Herbst 2018 vor, 59 Schüler besuchen seit dem Sommer die neue elfte Klasse. Ähnlich könnte es für den Jahrgang aussehen, der im Sommer 2020 beginnt. „Bei unseren Zehntklässlern liegen wir schon bei über 60, die in unsere Oberstufe wollen“, sagt die Oberstufenleiterin. Zahlen, mit denen sie und Kaiser zufrieden sind. Die Anmeldung läuft noch bis Februar. Einen weiteren Schwerpunkt hat sich die Schule für ihre Klasse zwölf (Q1) gesetzt, wenn die jetzigen Elftklässler dann Facharbeiten schreiben oder Projektkurse belegen.

Dafür wurden bereits externe Projektpartner gefunden, bei denen es um soziales Engagement geht, darunter die Alexianer Seniorenhilfe, die Lebenshilfe Kreis Viersen und der Bauorden. Das „Knallerprojekt“ sagt Kaiser, sei wohl der Kurs mit dem Vorster Medikamentenhilfswerk Action Medeor. Dafür fahren die Schüler zur Partnerschule in
Ghana. emy