St. Tönis: Behörde will’s ganz genau wissen

Radarfalle: Aus 15 Euro Verwarngeld entwickelt sich möglicherweise ein Verfahren vor Gericht.

St. Tönis. Es ist wie so oft im Leben: Aus einer kleinen, fast unbedeutenden Angelegenheit wird eine Aktion, über deren Ausmaß und Kosten man sich am Ende nur wundern kann. So sieht es jedenfalls Horst Wolf aus St.Tönis. Er hat eine Begegnung mit einer Behörde hinter sich, die manche als eine der "Dritten Art" bezeichnen würden.

Von vorne: Am 7. April bekommt der Rentner einen Verwarngeldbescheid. Er sei am 26. März am Biwak mit 40 Stundenkilometern in eine Radarfalle geraten, erlaubt waren dort 30 km/h. Deswegen müsse er 15 Euro zahlen. Oder eben auf dem beiliegenden Anhörungsbogen erklären, warum er das nicht wolle.

Genau das tat der Mann. "Auf dem Foto ist ganz klar eine Frau zu sehen. Ich habe das geschrieben und den Bogen abgeschickt." Dann hörte Wolf nichts mehr. Wer die Frau auf dem Bild war? "Ich hatte das Auto zum Verkauf angeboten, es war wohl die Frau eines Interessenten." Inzwischen ist das Auto verkauft.

Vor einigen Tagen nun bekam Wolfs Tochter, Claudia Thomessen, einen Bußgeldbescheid. Sie habe auf eine zwischenzeitliche Anhörung nicht reagiert, deshalb beliefen sich die Kosten nun auf 38,50 Euro, teilte das Straßenverkehrsamt ihr mit. "Dabei ist meine Tochter nie mit meinem Auto gefahren", wundert sich Wolf. Und noch eine Frage treibt ihn um: "Wie kommen die auf meine Tochter? Die hat einen anderen Namen und wohnt seit 28 Jahren nicht mehr hier."

Wolf griff zum Hörer, rief das Verkehrsamt an, verlangte Aufklärung. Das Amt erklärte ihm, es habe beim Einwohnermeldeamt recherchiert, und so sei man auf die Tochter gekommen. Von dieser habe man sich - auch beim Einwohnermeldeamt der Stadt - ein Passfoto besorgt. Und dann habe man sie eben angeschrieben.

Axel Küppers, Sprecher des Kreises Viersen, bestätigt diese Darstellung weitgehend. "Das Straßenverkehrsamt fordert Passfotos von Personen an, die in Frage kommen, beispielsweise die Tochter." Und hierbei habe sich dann eine verblüffende Ähnlichkeit zwischen der von der Radarfalle geblitzten Frau und der Tochter gezeigt. Jetzt habe Frau Thomessen zwei Wochen Zeit zu reagieren, danach werde sich das Gericht mit dem Vorgang beschäftigen. Was natürlich die Kosten weiter in die Höhe treibe.

"Blödsinn", sagt Horst Wolf. "Es gibt überhaupt keine Ähnlichkeit zwischen den beiden Fotos." Hinzu kommt: Der Tipp, dass es eine Tochter mit anderem Familiennamen gibt, kann nicht vom Einwohnermeldeamt kommen. "Zwischen volljährigen Kindern und ihren Eltern besteht keine Verknüpfung mehr. Das wird gekappt", erklärt Barbara Hummen, Leiterin des Bürgerservices in Tönisvorst und zuständig für solche Anfragen. "Der Hinweis auf die Tochter muss aus anderer Quelle gekommen sein." Claudia Thomessen ist in Krefeld gemeldet.

Oft wird in solchen Fällen ein "Dorfsheriff" in Marsch gesetzt, der sich vor Ort umhört. Mit dieser Erklärung gibt sich Horst Wolf nicht zufrieden. "Wo ist denn da die Verhältnismäßigkeit der Mittel? Wir reden über 15 Euro. Und meine Tochter hat mein Auto nie benutzt."