St. Tönis: Hut zum kleinen Schwarzen

Einen Wiener Kaffeehaus-Nachmittag gab es im St. Töniser Altenheim. Nur Frauen waren willkommen.

St. Tönis. Es war die Stunde der Frauen. Im Antoniuszentrum veranstaltete Heimleiterin Jutta Hartmann einen Nachmittag in einem Wiener Kaffeehaus. Mit Sachertorte und Apfelstrudel, zu trinken gab es eine große Melange (Kaffee mit heißer Milch) oder einen kleinen Schwarzen (Kaffee natur).

Wochenlang währte die Vorfreude, denn die Damen machten sich - wie damals - fein. Wer kein Kaffeehaus-Kleid mehr in seinem Schrank hatte, nahm, wie Maria Bruckes eben, etwas, das auch für die Oper getaugt hätte: Ein langer schwarzer Rock, eine langärmelige schwarze Jacke, darüber der Fuchspelz, und dann der schwarze Hut." Eine sehr elegante Erscheinung. "Das war mir aber zu trist", erzählt die 88-Jährige. Bei einem Ausflug in die Innenstadt fand sie im Stoffgeschäft purpurnen Tüll. "Einen Meter!" Den drappierte sie einfach um den Hut drapiert.

"Kaffeeklatsch war früher ein Ereignis", weiß Jutta Hartmann. Vor sechs Wochen hatte sie die Idee, zu den üblichen Nachmittagsbeschäftigungen wie Singen, Kegeln oder Gedächtnistraining mal was "etwas Verrücktes" zu bieten, an einem Dienstag nachmittag, an dem ohnehin "Cafe" auf dem Plan steht.

Doch auch das half dem Gedächtnis der Damen auf die Sprünge, schließlich wählte Hartmann die 50er Jahre als Motto fürs Outfit. "Das war die große Zeit der meisten unserer Bewohnerinnen", sagt sie. Mit den keimenden Erinnerungen kam man ins Gespräch, konnte sich austauschen, was sonst mit zunehmenden Alter schwerfällt.

Hartmann hatte zur Vorbereitung einen blauen Sack voller Hüte mitgebracht. "Wer meinte, dass ihm keiner passt, dem haben wir einfach einen auf den Kopf gesetzt", sagt Bruckes. "Was haben wir gelacht!" Und die Pelze kamen mal wieder zur Geltung.

Der "Ober", das war Zivildienstleistender Christoph Hesse, trug eine schwarze Hosen und eine weiße gestärkte plissierte Hemdbrust, die "Kellnerinnen" hatten ein keckes weißes Schleifchen im Haar. Zwei Herren spielten auf Klavier und Violine alte Kaffeehaus-Musik. "Sogar meine Tochter war begeistert, was uns hier alles geboten wird", sagt Bruckes stolz, "die ist sonst immer sehr kritisch." Insgesamt 20 Angehörige der 40 teilnehmenden Bewohnerinnen waren dabei.

"Das müssen wir öfter machen", ist das einhellige Echo. "Aber nicht zu oft", sagt Hartmann. Schließlich soll dies etwas besonderes bleiben. "Zwei Mal im Jahr vielleicht." Für die Männer hat sie sich auch schon etwas überlegt: "Im Januar gibt’s einen Frühschoppen."