St. Tönis: Loop, Kuhlenschmidt, loop!

Schon im Februar bucht der Vorsitzende des St. Martinskomitees St. Tönis die Musikkapellen für November. Rund 2000 Kinder sind bei den Zügen dabei.

St. Tönis. Wer sich über Jahrzehnte intensiv für das November-Brauchtum einsetzt, der kann sich hinstellen, wo er will - unerkannt bleibt er nicht. Jürgen Kuhlenschmidt aus St. Tönis kennt sich nach 40 Jahren Komitee-Mitgliedschaft aus, wie kaum ein zweiter, will aber auf dem Laufenden bleiben. "Ich lauere gerne woanders am Straßenrand, wenn der Zug zieht." Dabei ist es dem St. Töniser in Vorst passiert, dass der Heilige Martin ihn aus dem Sattel heraus begrüßte: "Na, kommste wieder spionieren?" Und Kuhlenschmidt antwortete: "Ich wollte nur sehen, ob Du noch so hübsch bist wie im vorigen Jahr."

Seit über zehn Jahren ist Kuhlenschmidt Vorsitzender des St.Martins-Komitees St. Tönis und damit hauptverantwortlich für die Organisation der beiden Züge am 11. und 12. November. "Diese Termine sind so fest wie das Amen in der Kirche! Und unsere Bäcker spielen dabei immer alle mit. Sie backen auch sonntags die Weckmänner." 600 Kindergartenkinder und tags drauf 1300 Schüler - Kleinkinder noch nicht dazu gezählt - ziehen zwischen Kaiserstraße und Pastorswall. Fünf Musikkapellen braucht Kuhlenschmidt pro Zug. Und die hat er. Denn er ist Frühbucher, macht im Februar die Verpflichtung klar. Die Musiker kommen aus Krefeld, Anrath, Willich, Schmalbroich und Gellep-Stratum.

Dass es bei der Verpflichtung der Orchester und Korps bisher kaum Probleme gab, führt Kuhlenschmidt auf die "jahrzehntelangen sehr guten Beziehungen" zurück. "Die muss man hegen und pflegen". Das Trommler und Pfeifer-Korps Schmalbroich, beispielsweise, ist seit über 20 Jahren dabei. "Die sind top", schwärmt Kuhlenschmidt. "Die waren sogar schon auf China-Tour." Weil die Schmalbroicher deshalb ausnahmsweise nicht in St. Tönis spielen konnten, sorgten sie höchstselbst für Ersatz aus Vinkrath.

Den Vorsitzenden des Blasorchesters SWK kennt Kuhlenschmidt gut. Die Musiker ziehen mit je vier Gruppen an beiden Tagen mit. Dass das Fanfarencorps Gellep-Stratum auch in St.Tönis "Loop, Müller, loop" spielt, hängt ebenfalls mit persönlichen Kontakten zusammen: "Der Vorsitzende wohnt in St.Tönis."

Apropos St. Tönis. Dass aus dem Ort selbst keine Musik gestellt wird, hängt mit einem Streit zusammen. "Wir hatten mal die Kapelle der Freiwilligen Feuerwehr. Aber dann gab es Meinungsverschiedenheiten."

Im nächsten Jahr feiert das St.Martins-Komitee sein 125-jähriges Bestehen. Damit ist es eines der ältesten in der Region. Dass die Tradition so gepflegt werden kann, verbindet Kuhlenschmidt mit seinem ausdrücklichen Dank an die vielen Sammler, "die bereit sind, zu helfen". 100 Personen sind es jedes Jahr.

Zu den Emsigen zählt auch Lehrerin Ursula Raupach von der Hauptschule Kirchenfeld. Ihre Schüler verteilen die Weckmänner an Senioren, ziehen am 11.11. ab 10.30 Uhr los. Kuhlenschmidt: "Unsere Bitte: Seien Sie dann möglichst zu Hause oder hängen Sie ein Behältnis für den Weckmann an die Tür."

Einmal, erzählt Kuhlenschmidt, habe eine ältere Dame einen Zettel an ihre Tür geheftet: "Bitte länger warten, ich kann nicht so schnell die Treppe herunter kommen." Die Notiz hat er zu seinen Unterlagen genommen. Dieser Zettel ist eben auch ein Schnipsel des St. Martins-Brauchtum in St. Tönis.