Kommunalwahl 2020 Keymel: Der Unabhängige

Tönisvorst · Der parteilose 52-Jährige möchte Bürgermeister von Tönisvorst werden. Er macht einen „Null Euro Wahlkampf“ ohne Plakate, nur mit Social Media und direkter Kommunikation.

 Der parteilose Bürgermeister-Kandidat Thomas Keymel machte sich am Dienstag von St. Tönis aus auf zum Interview in der WZ-Redaktion in  Kempen.

Der parteilose Bürgermeister-Kandidat Thomas Keymel machte sich am Dienstag von St. Tönis aus auf zum Interview in der WZ-Redaktion in  Kempen.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

„Ich möchte der Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens werden. Als das sehe ich Tönisvorst. Ich möchte neue Kunden – Bürger und Unternehmen – gewinnen und zugleich die „Bestandskunden“ nicht vernachlässigen.“ Thomas Keymel, 52, gebürtiger Langenfelder, der seit 18 Jahren mit seiner Familie in St. Tönis wohnt, tritt als Bürgermeister-Kandidat an. „Als professioneller Dienstleister“, wie er sagt. Sein Musketier-Motto lautet: „Einer für alle.“

Der Partei-unabhängige Kandidat stellt sich am 13. September zur Wahl. Keymel schickt sich an, das Amt des Bürgermeisters von Tönisvorst neu, anders auszufüllen. Wie, hat er im Gespräch in der WZ-Redaktion in Kempen am Dienstag erläutert.

Er will bewegen, frei sein, motivieren, Potenziale, personelle und sachliche, erkennen, nicht genutzte ausschöpfen und in einer schnelleren Kommunikation Ergebnisse erzielen, die der Bürger sieht und wahrnimmt.

Keymel versteht sich als „der Thomas von nebenan“, als „stinknormaler Bürger“, im Amt höchstens Primus inter Pares. Die Nähe zur Stadt und zu den Bürgern will er jederzeit leben, offen für Gespräche sein.

Bisher sei es ihm nie in den Sinn gekommen, sich einer Partei anzuschließen. „Ich will mein eigener Herr sein, dabei immer offen für Argumente. Ich möchte nicht durch Partei-Farbe eingetrübt an Ideen herangehen.“

Im Austausch mit Freunden über Themen aus der Stadt habe er gesagt: „Ich werde mal Bürgermeister.“ Seine Motivation („Ich habe da richtig Bock drauf“) und der Zuspruch des Umfeldes ließen den spontanen Gedanken reifen und schließlich in der Kandidatur münden.

Keymel, gelernter Banker und heute bei einer Tochtergesellschaft der Provinzial Versicherung AG in Düsseldorf (Bereich „Banking & Insurance“), ist sich bewusst: „Dieser Schritt wird kein Sprung übers Stöckchen. Das ist der Sprung über einen Oxer.“ Sein Anspruch: Tönisvorst soll eine liebenswerte Wohn- und Arbeitsstadt bleiben.

„Entscheidung für die Gesamtschule war das Richtige“

Inhaltlich und ehrenamtlich hat Keymel sich bereits in Fragen der Tönisvorster Schullandschaft engagiert, sich nach dem holprigen Start der Sekundarschule für den Wechsel der Schulform stark gemacht. „Die Entscheidung für die Gesamtschule war genau das Richtige“, sagt er. Er räumt auf Nachfrage aber auch ein, dass die Sekundarschule mit einem anderen Spitzenpersonal in der Aufbauzeit womöglich eine Chance gehabt hätte.

Schulen fördern, die Konzentration auf gute Bildungsmöglichkeiten verstärken, das ist ein thematischer Hauptansatz seiner Kandidatur. Tönisvorsts Schulen sollen im qualitativen Ranking weiter oben mitmischen können. Eine Digitalisierung auf Höhe der Zeit ist für ihn eine Selbstverständlichkeit.

Ein weiteres Ziel führt zur Wirtschaft der Stadt. Keymel, der sich in seiner Vorbereitung auf das Amt unter anderem den Haushaltsbericht vorgenommen hat, betont: „Die Stadt hat ein Einnahmenproblem.“ Höchste Zeit, vorhandene Brachflächen zu entwickeln, das Gelände bei Real etwa. „Wieso nicht den Gewerbesteuerhebesatz für brachliegende Gewerbeflächen verdoppeln?“ Bewegung in Stillstand bringen, umschreibt er seinen Ansatz.

Gespräche mit Gewerbetreibenden und Unternehmen seien für die Gewinnung neuer Interessenten und den Halt traditioneller Firmen unabdingbar. Ein Weggang wie der des St. Töniser Unternehmens Hefe van Haag dürfe nicht passieren, „auch wenn ich die genauen Gründe dafür nicht kenne“. Finanziell sei das für die Kommune eine Katastrophe.

„Man muss sich bei allen Themen immer drei Fragen stellen und sie mit einem Ja beantworten können: Können wir das? Wollen wir das? Und dürfen wir das?“ So beschreibt Keymel die Formel für seine Vorgehens-Praxis. Die Komplexität vieler Themen ist ihm bewusst. Er will sich reinknieen, scheue sich auch nicht einmal zu bekennen: „Da habe ich noch keine Ahnung von.“

Vielleicht werde er sich hier und da eine blutige Nase holen, aber nur ein Grüß-August sei er sicher nicht. „Ich will gestalten und Verantwortung übernehmen.“ Und Hilfe und Kenntniss motivierter Mitarbeiter in der Verwaltung anzapfen.

Stadtentwicklung, Stadtmarketing, Wirtschaft sieht er als Dreh- und Angelpunkte der städtischen Entwicklung. Touristisch und in der Vermarktung sei beispielsweise das Alleinstellungsmerkmal Tönisvorsts als Apfelstadt noch nicht ausgeschöpft. „Wir haben Apfelsaft. Warum gibt es aber noch keinen  Apfelschnaps aus Tönisvorst?“

Der Wahlkampf von Thomas Keymel kostet „0 Euro“. Plakate wird es von ihm im Stadtbild nicht geben. Er bediene die Social-Media-Kanäle Facebook und Instagram. „Wer Fragen hat, kann sie per E-Mail an mich richten: thomas.keymel@gmail.com“. Straßenwahlkampf sei in Corona-Zeiten schwierig, aber der digitale Dialog auf Distanz sei eine sichere Art zu sprechen.

Respekt hat Keymel vor dem Bürgermeisterposten. Er will im Amt Nähe aufbauen, nicht Knüngel, mit Herzblut an die Sache herangehen. „Meine Frau weiß, wenn ich etwas mit Herzblut tun kann, bin ich ein glücklicher Mensch.“

Und wenn er am 13. oder zur Stichwahl am 27. September zum Bürgermeister gewählt wird, was dann? „Dann wird mir erst das Herz in die Hose rutschen. Ich werde Gänsehaut bekommen. Der Puls wird steigen. Und dann, dann geht’s los.“