Tönisvorst: Finanzamt hält Hand auf

Ein Unternehmer möchte eine steuerliche Frage klären. Dafür wird er kräftig zur Kasse gebeten.

Tönisvorst. Eigentlich steht Wolfgang Türlings mitten im Leben. Der gebürtige Krefelder (54) führt ein Unternehmen, hat eine Familie, ist gesellschaftlich engagiert. Aber es gibt Dinge, die lassen ihn ernsthaft zweifeln. Und bisweilen zu dem Schluss kommen: "Ich versteh’ die Welt nicht mehr." Das ist so, wenn er an ein Problem denkt, das er derzeit mit "Vater Staat" in Form des Finanzamtes hat.

Der Reihe nach. Türlings ist Chef der Firma RFB an der Butzenstraße im "Dreiländereck" Vorst/Kempen/Oedt. Das Unternehmen beschäftigt sich mit dem Recyceln von Baustoffen. Es möchte allerdings auch bei der Gewinnung von Rohstoffen mitmachen, sprich: Kies abgraben. Weswegen Türlings in der Nähe von Dormagen ein Grundstück kaufen will. Von einem Landwirt, mit dem er sich - im Prinzip - schon einig ist. Investieren würde der Unternehmer rund zwei Millionen Euro. Zusätzlich entstünden Arbeitsplätze.

Hier genau beginnen die Schwierigkeiten. "Es ist nicht genau geklärt, ob der Kies der Steuer unterliegt", erklärt Türlings Steuerberater Jörg Hamacher. Diese Frage muss logischerweise vor dem Kauf geklärt sein, weil davon auch abhängt, was der Landwirt verlangt. "Das wollen wir mit der Finanzbehörde ausloten", sagt Hamacher. Problem: Das kostet Geld. Das Finanzamt kann - und muss sogar - für die Beantwortung dieser Frage kassieren. "Das kann doch nicht wahr sein. Der Staat regelt etwas per Gesetz und hält für die Auslegung auch noch die Hand auf", ärgert sich Türlings.

"Der Verkäufer möchte natürlich den Vertrag so gestaltet haben, dass er entweder keine Steuern zahlen muss oder entsprechend mehr bekommt", erläutert Steuerberater Hamacher. Das Ärgernis geht sogar noch weiter: Das Finanzamt kann eine Auskunft verweigern, aber selbst dafür zur Kasse bitten. Hamacher hält das für juristisch anfechtbar, ist sogar sicher, dass die Angelegenheit vor dem Verfassungsgericht landet. Was allerdings momentan nicht weiter hilft.

Über welche Summe reden wir? Das Finanzamt würde - wenn es denn die Frage des Steuerbüros beantwortet - rund 1000Euro kassieren. Hinzu kommt: Auch diese Kosten sind nicht steuerlich absetzbar. "Was für eine Wirtschaftsförderung soll das denn sein", fragt Türlings.

"Ja, seit Dezember 2006 ist das so geregelt. Das steht im Föderalismusreform-Begleitgesetz und zwar unter Paragraph 89, Absatz2", bestätigt Ludger Brückmann, Pressebeauftragter des Finanzamtes Kempen. "Die Gesetze macht nun mal nicht die Verwaltung", sagt er und will so seine Behörde aus der Schussrichtung nehmen. Man versuche, die Kirche im Dorf zu lassen: Für die Nichtbeantwortung einer Anfrage halte sein Finanzamt nicht die Hand auf. Und wenn ein "normaler Steuerbürger" ein Problem habe, werde ihm auch geholfen. "Wir sollen großzügig sein", so Brückmann.

Unternehmen Die Firma RFB hat elf Beschäftigte.

Aufgabenfeld Auf dem ehemaligen Gelände der Wohnwagenfabrik Thrun und Eicker beschäftigt man sich mit dem Recyceln von Baustoffen.

Erweiterung Durch den Kauf eines Geländes in Dormagen möchte das Unternehmen sein Geschäftsfeld erweitern.

Gesellschafter Beteiligt an RFB sind die Firmen Hamelmann, Look und Fonteneye.