Willich: Misshandlungen in der Klosterschule?

Auch an St. Bernhard soll es in den 60er Jahren Vorfälle gegeben haben. Die Hünfelder Oblaten wollen aufklären.

Willich. Hat es in den 60er Jahren auch Missbrauchsfälle am St.Bernhard-Gymnasium gegeben? In einem anonymen Brief, der die WZ-Redaktion erreichte, werden diesbezüglich schwere Vorwürfe erhoben. Darin berichtet ein ehemaliger Internatsschüler von körperlichen und seelischen Misshandlungen sowie dem Verdacht auf sexuellen Missbrauch.

"Die Tatsache, dass sich Betroffene wie ich erst im fortgeschrittenen Alter offenbaren und auch nach über 40 Jahren nicht in der Lage sind, sich der Öffentlichkeit zu stellen, macht deutlich, wie schwierig es war und ist, sich zu diesen Vorwürfen zu äußern", schreibt der ehemalige Schüler.

Und weiter: "Es ist unmöglich gewesen, sich in einem geschlossenen System wie einer Klosterschule wirklich jemandem anzuvertrauen. Selbst die Eltern hätten niemals dem eigenen Kind geglaubt oder sich getraut, sich gegen kirchliche Autoritäten zu stellen."

Ohrfeigen galten nach Auskunft des Briefeschreibers bei seinem Präfekten als normales Erziehungsmittel. Wer seine Vokabeln nicht konnte, musste den Lateinunterricht kniend verbringen. Wer nach 22 Uhr im Schlafsaal flüsterte, habe die Nacht über im Flur knien müssen. "Schon als Kind empfand ich das als grausam und unmenschlich", heißt es in dem Brief.

Darüber hinaus habe es im Internat Gerüchte über einen Frater gegeben, der sich nachts Schüler aus den Betten in sein Zimmer holte. Der Mann sei dann plötzlich verschwunden gewesen, was als Bestätigung der Gerüchte gesehen worden sei.

Werner Link, heute stellvertretender Schulleiter und früher selbst Schüler des 1975 geschlossenen Internats, kann sich an Gerüchte über Missbrauchsfälle nicht erinnern. Sicher sei es aber so, dass damals körperliche Züchtigungen in der Erziehung noch als normal galten.

Die Ordensgemeinschaft der Hünfelder Oblaten (OMI), bis 2007 Träger des Gymnasiums, nimmt den Brief auf jeden Fall außerordentlich ernst. Die Ordensleitung hat umgehend ihren Beauftragten für Missbrauchsfälle, Pater Martin Wolf, eingeschaltet und "ist bereit, jeden Fall - auch wenn er weit zurückliegt - aufzuklären", heißt es in einer Presseerklärung des Provinzials Dr. Thomas Klosterkamp.

"Damit wir der Aufklärung besser nachkommen können, bitten wir um Mithilfe aller, die um konkrete Sachverhalte wissen und weitere Hinweise geben können", sagt die Ordensleitung. Jeder, der dazu beitragen könne, dürfe sich darauf verlassen, dass der Schutz der Persönlichkeitsrechte gewahrt bleibe. Anonyme Beschuldigungen reichten für eine wirkliche Aufarbeitung nicht aus.

"Besonders wichtig ist es uns, mögliche Opfer um Vergebung zu bitten und ihnen beizustehen, um ihnen bei der Aufarbeitung ihrer Leiden zu helfen", betont Pater Klosterkamp. Der Ordensgemeinschaft gehe es um Gerechtigkeit gegenüber jenen, denen Unrecht und Leid widerfahren sei, weil ihr Vertrauen missbraucht und ihre Würde verletzt wurde.