Willicher schreibt Mystery-Thriller

Gordon McBane jagt seinen Lesern in den drei Bänden seines Debut-Werks Schauer über den Rücken.

Foto: Kurt Lübke

Willich. Da jagt es einem Schauer über den Rücken: In den 80er Jahren kamen, so berichteten es damals englische Zeitungen, mehrere Menschen in Großbritannien durch Brände in ihren Häusern ums Leben. Sie alle besaßen ein Gemälde des Künstlers Bragolin, das ein kleines Kind mit glasigen Augen und ängstlichem Blick zeigte. Die Häuser brannten nieder, die Bilder wurden unbeschädigt geborgen.

Die Zeitungsrecherche förderte weitere Fälle in anderen europäischen Ländern zutage. Der Mythos von Unglück bringenden Bildern war gesät. Spuren führten nach Venedig. In Italien erzählt man sich, dass jener Bragolin einst Waisenkinder in sein Atelier lockte, sie tötete und mit den Portraitbildern ihre Seele auf der Leinwand einfing. Eine gruselige Legende.

Gordon McBane aus Willich hat diese Schauergeschichte aufgegriffen und eine Buch-Idee daraus entwickelt. „Das Vermächtnis des Künstlers“, „Die Maske der Angst“ und „Schatten über Venedig“ heißt seine dreiteilige Mystery-Serie, die der Ullstein-Verlag veröffentlicht hat. Die Bücher sind jetzt im Handel.

Die drei Teile, jeweils mehr als 300 Seiten lang, gehören zusammen. Sie ergeben eine Geschichte. „Das fertige Werk hatte über 1000 Seiten. Viel zu lang und zu teuer, um es zu drucken - vor allem für ein Debüt“, erzählt McBane. Der junge Mann stammt aus Schottland, wuchs am Niederrhein auf. 2008, damals trug er noch den Namen Worthmann (siehe Info-Kasten), machte er in Willich sein Abitur, zog danach in die Welt, verlebte Monate in Hong Kong, bereiste Südostasien.

Nach einer kaufmännischen Lehre in einem Softwareunternehmen nahm er ein Studium der Sozialwissenschaften an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf auf. Während seiner Studentenzeit veröffentlichte er Artikel als freier Mitarbeiter der WZ im Lokalteil Willich/Tönisvorst. Er schrieb beispielsweise 2012 über die Händel-Oper „Acis und Galatea“, ein Konzert des Willicher Musikprojekts. Oder 2013 über den damals 85-jährigen Josef Levels aus St. Tönis, dem etliche Menschen ihr Leben verdanken.

Später wurde über Gordon selbst berichtet, nachdem er ein 300-Seiten-Manuskript für einen geplanten Kriminalroman über eine Mordserie in Düsseldorf zu einem Drehbuch für eine Hörspielserie umgeschrieben hatte.

Gordon McBane über den Besuch der Autorenmesse in Frankfurt 2016, wo er den Buch-Contest gewann

Der Weg des Willichers vom Lokalreporter zum Buchautor führte über Frankfurt. Im Juni 2016 besuchte er dort die Autorenmesse. „Ich wollte mich eigentlich erstmal über die Branche informieren.“ Er nahm an einem Buch-Contest teil, stellte dort seine Idee zu den Kindern von Bragolin vor, erreichte damit das Finale und gewann. „Völlig unerwartet“, bekennt McBane.

Damit bekamen die Ambitionen des jungen Schriftstellers neuen Schub. „In der Jury war auch eine Lektorin vom Ullstein-Verlag, mit der ich in Kontakt blieb.“ Ein Jahr später war seine Idee ein fertiges Manuskript, das die Lektoren begeisterte, aber dann noch in leserfreundliche Lektüre-Portionen aufgeteilt werden musste.

Nun liegt das Werk in den Buchhandlungen. Im Mittelpunkt steht George Mallory, Dozent für Psychologie an der Universität von Virginia, der nicht an paranormale Phänomene glaubt. Mallory hat es sich zur Aufgabe gemacht, deren natürliche Ursachen ans Licht zu bringen. Er erfährt von der seltsamen Serie von Todesfällen und davon, dass die Opfer Gemälde des Künstlers Bragolin besaßen. In Venedig will er dem Geheimnis auf den Grund gehen und steckt bald in großer Gefahr.

Autor McBane ordnet sein Buch in die Reihe von Mystery-Thrillern ein, mit „Anleihen aus Krimi und Horror“. Dass er als Leser einen Zugang zu dem Genre hat, zeigen seine eigenen Lektüre-Favoriten. „Mein Lieblingsbuch ist Franz Kafkas ,Die Verwandlung’“, sagt er. In der Erzählung von 1912 geht es um Gregor Samsa, einen Tuchhändler und Geschäftsreisenden, der eines Morgens in ein Ungeziefer verwandelt wird. Diese Metamorphose macht das Zusammenleben mit der Familie untragbar. Er geht schließlich zugrunde.

Kürzlich hat sich der Willicher dem Horror-Roman „House of Leaves“ von Mark Z. Danielewski gestellt. Und zu seinen Serienfavoriten zählt „The Wire“, eine US-amerikanische Krimi-Drama-Fernsehserie. Es geht darin um die Realität der postindustriellen US-amerikanischen Stadt Baltimore und des US-amerikanischen Gemeinwesens. Dargestellt wird der Drogenhandel aus der Sicht von Polizisten, Kriminellen, Drogensüchtigen, Lehrern, Politikern und Journalisten. „Sehr intelligent, verschachtelt, vielschichtig — und äußerst authentisch in allen Belangen — Story, Charaktere, Inszenierung“, sagt McBane.

Ob seine Bragolin-Reihe bei seinen Lesern ebenso gut ankommt, wird sich zeigen. Eine erste öffentliche Lesprobe gibt der Willicher am kommenden Samstag ab. Allerdings weit entfernt vom Niederrhein, in der Galerie Potemka, Aurelienstraße 41, im Rahmen der Leipziger Buchmesse. Eine große Bühne für ein Debüt. Und sicher ein Gänsehautmoment für den Schriftsteller.