Hausmusik Fünf Jahre Musik im Wohnzimmer

St. Tönis · Mit dem exklusiven Konzert von BAP-Mann Wolfgang Niedecken begann die Internationale Hausmusik der Beckers in St. Tönis.

Ruth und Guido Beckers nahmen Wolfgang Niedecken nach dem Wohnzimmerkonzert, das der WDR 2013  möglich machte,  in die Mitte. Archivfoto: S. Kempkes

Foto: Kempkes

28 Quadratmeter, eine Tür, zwei Fenster, Deckenhöhe 2,70 Meter. Keine Maße, die man mit Konzertsälen verknüpft. Nicht einmal mit einer Bühne. Und trotzdem gibt es sie: Mit Mikrofon vor dem Bücherregal, damit auch die Sofasitzer an der Wand gegenüber akustisch abgeholt werden. Mit Hocker, wenn vom Musiker gewünscht. Mit einem Scheinwerfer, der garantiert, dass Stammgast Dirk links erhöht jeden Gast gut ausgeleuchtet filmen kann.

Fünf Jahre laufen die Wohnzimmerkonzerte bei Guido und Ruth Beckers in St. Tönis  nun schon. Sie vertragen den Untertitel: von der spontanen Idee zum Kult im Livingroom. Mit internationaler Besetzung.

Dabei fing Guido Beckers nicht einmal klein an. Am 17. Oktober 2013 sang Wolfgang Niedecken, der BAP-Frontmann, beim ihm an der Krefelder Straße. „Ich hatte gerade sein neues Album ,Zosamme alt’ bekommen, das Julian Dawson produziert hat. Der wiederum spielte in Kempen in der Paterskirche. Da bin ich hin und habe mir die CD unterschreiben lassen“, erzählt Beckers. Niedeckens Schriftzug sollte unbedingt folgen.

Die Chance sollte sich bald eröffnen. Beckers bewarb sich im September 2013 spontan bei der WDR-Aktion „Die Möglichmacher“, wünschte sich den BAP-Mann für ein Wohnzimmerkonzert. Fünf Zeilen Bewerbung, zehn Tage später Zuschlag, drei Tage später Prominenz und 20 enge Freunde im Haus, Funkwagen vor der Tür und eine Radioschalte mit Steffi Neu.

Elf Monate weiter stand Jake Clemons, der Saxophonist von Bruce Springsteen, in St. Tönis vor der Tür. Guido Beckers, glühender Fan von „the Boss“, hatte Clemons Facebook-Eintrag gelesen: „Möchte in Europa Wohnzimmerkonzerte  machen“. Beckers zögerte nicht – und bekam ein „Yes“ des Musikers. „Fast 50 Zuschauer waren zu diesem Auftritt in unserem Wohnzimmer. Ein Konzert ganz nah am Publikum, unkompliziert. Einfach klasse!“

Die feine, intime Konzertserie nahm Fahrt auf. 2015 spielten Martin Praetorius und die Billy Walton Band, 2016 kamen Eric Devries, Julian Dawson und Joe D‘Urso. Letzterer ist mit bisher drei von 16 Konzerten der häufigste Gast. Beckers: „Die Musiker sind einfach von der Atmosphäre begeistert, haben Spaß an dem direkten Kontakt.“

Weit mehr als ein Dutzend namhafter Künstler und mehr als 500 Gäste haben die familiäre Wohnzimmermusik bereits miteinander erlebt. Die weiteste Anreise nahm ein Zuhörer  aus England auf sich, der unbedingt einmal die Billy Walton Band hautnah erleben wollte.

„Für mich ist das immer wie ein kleiner Kurzurlaub“, sagt Stammgast Susanne Pösken, „Die Musiker erlebt man hautnah und sehr persönlich. Es wird immer zusammen gesungen, gelacht und geredet. Was kann es Schöneres geben.“

Ein anderer Freund des Hauses meint: „Die Selbstverständlichkeit,  mit der Ruth und Guido diese Konzerte ausrichten, ist schon wirklich sehr speziell, total klasse!“

 „Für uns ist das ein Familiending“, sagt Guido Beckers. Wenn der Konzertabend ansteht, packen auch die Kinder mit an, räumen den Tisch aus dem Wohnzimmer, stapeln die Getränkekästen auf der Terrasse, richten die Snacks in der Küche an.

Der lockere Kontakt zu Niedecken hast sich über die Jahre gehalten. Die Beckers spenden Erlöse der Musikabende unter anderem für Niedeckens Stiftung „Rebound“, bislang 840 Euro. Bei seinen Konzerten grüßt er Guido und Ruth Beckers, wenn er sie in den ersten Reihen sieht. Anfang Oktober ist dazu wieder Gelegenheit, wenn BAP in Oberhausen auftritt.

Die Einladung zum Fünfjährigen ins St. Töniser Wohnzimmer ist längst von St. Tönis nach Köln gegangen. „Leider kann Wolfgang aber nicht dazukommen, er hat vorher und tags darauf Auftritte“, sagt Beckers.

Ein Musikfan wie er macht munter weiter. Reist in die Welt, um seine Idole zu sehen und zu hören. Und den ein oder anderen in sein Wohnzimmer zu holen. Beckers großer Traum: einmal Bruce Springsteen in seinen vier Wänden begrüßen.

Ein Traum – aber gar nicht mal so abwegig. „Springsteens Tochter ist eine sehr talentierte Reiterin. Seit ein paar Jahren ist sie mit ihren Pferden in der Nähe von Eindhoven ansässig.“ Von Eindhoven nach St. Tönis sind es gerade einmal 80 Kilometer. Die Gästeliste für den Fall der Fälle steht schon.

Vorher aber wird das kleine Jubiläum zum Fünfjährigen auf 28 Quadratmetern gefeiert. Olli Heinze wird am 12. Oktober spielen. An dem Abend ist eine Verlosung geplant mit besonderen Springsteen-Shirts und einem von Wolfgang Niedecken signierten Familienalbum. Der Erlös des Abends geht wieder an die Stiftung Rebound.