Einsatz gegen Armut in Zeiten des Überflusses
Sie könnten ihren Ruhestand genießen: Doch Herbert Seyffert und Ernst Poerschke engagieren sich für die Tafel.
Mönchengladbach. Mehr als 50 000 Essensrationen hat die Gladbacher Tafel im vergangenen Jahr ausgegeben, knapp 15 000 davon an Kinder. Mehr als 100 ehrenamtliche Helfer engagieren sich, um Lebensmittel, die in der Überflussgesellschaft einfach weggeworfen worden wären, bedürftigen Mitbürgern zukommen zu lassen.
Zwei dieser Ehrenamtler sind Ernst Poerschke und Herbert Seyffert, beide im Ruhestand. Sie fahren jeden Mittwoch kreuz und quer die Supermärkte in Rheydt, Wickrath und Korschenbroich ab.
Zunächst steuern die beiden Tafelfahrer einen Discounter an der Rheydter Straße an. Dort stehen schon Kisten mit aussortiertem Obst und Gemüse bereit. Bevor die Kisten in den Sprinter geladen werden, wird schon mal vorsortiert. Die Netze mit Mandarinen werden aufgerissen, die verfaulten kommen gleich in die Mülltonne.
Dann geht’s weiter zu einem großen Rheydter Supermarkt. Hier gibt es immer große Mengen an Lebensmitteln, das wissen die beiden Fahrer. Tatsächlich stapeln sich auch an diesem Tag Kisten mit Trauben, Paprika, Salat und Tomaten. Von drei zusammen verpackten Paprika ist meist eine verfault. Die beiden Helfer öffnen die Netze, werfen die verfaulten Teile weg, der Rest kommt in die tafeleigenen Kisten.
An der nächsten Laderampe des Supermarkts steht auch eine halbe Palette Kindermilch, noch ein halbes Jahr haltbar, ist dabei. "Vielleicht haben sie die Milch ausgelistet", vermutet Ernst Poerschke. "Manchmal sind die Sachen noch lange haltbar, wenn wir sie bekommen."
Gegen Ende der Tour fahren die beiden Ehrenamtler noch eine Bäckerei in der Giesenkirchener Fußgängerzone an. Hier gibt es nicht nur Brot, sondern auch Gebäck. "Als Gladbacher Unternehmen unterstützen wir gern die Tafel", sagt Mitarbeiter Juan Penalver. "Wir verkaufen auch ein spezielles Brot, dessen Erlös die Tafel erhält."
Um kurz vor zwölf treffen die beiden Fahrer wieder am Laden am Fleenerweg ein und entladen ihren Wagen. Andere Helfer stehen bereit, um weiter zu sortieren und die Lebensmittel für die Kunden vorzubereiten. Auch Fahrer Poerschke hilft einmal in der Woche bei der Ausgabe im Laden. "Da sehe ich, dass die Hilfe ankommt", meint er.
Es gebe zwar auch Kunden, die sehr fordernd auftreten, aber meist seien die Leute sehr froh über die Unterstützung. Mancher kommt nur in absoluter Notlage. "Warum sollte ich der Tafel zur Last fallen", zitiert Poerschke einen seltenen Kunden, der nur komme, wenn es anders nicht mehr ginge.