Fraktionen sind sich einig über „Rats-TV“

Testweise sollen Sitzungen des Stadtrates auch übers Internet gezeigt werden.

Foto: Kempner

So viel Einmütigkeit war nie: Die Fraktionen von CDU, SPD, FDP, Grünen, Linken und PiPa fordern in einem gemeinsamen Antrag testweise die Einführung eines „Rats-TV“. Gemeint ist damit die Liveübertragung von Ratssitzungen über das Internet inklusive Archivierung in einer öffentlich zugänglichen Mediathek. Die Testphase soll die ersten vier Sitzungen des Jahres 2017 umfassen, danach soll ausgewertet werden, ob das Verfahren dauerhaft eingesetzt wird. Die Antragsteller erhoffen sich, politische Prozesse dadurch „miterlebbar, nachvollziehbar und transparent“ zu machen sowie der Wahlmüdigkeit der Bürger entgegenzuwirken.

Mit einem Rats-TV wäre Gladbach allerdings kein Pionier, eher ein Nachzügler. Bonn fing 2010 damit an, weitete das Angebot später bundesweit erstmalig sogar auf eine kommunale App fürs Smartphone aus. Auch Düsseldorf, Köln, Essen und Wuppertal zeigen die Ratssitzungen im Netz, in Neuss gibt es zumindest einen Audio-Livestream. Auf 1200 Euro pro Sitzung, unabhängig von der Länge, werden die Kosten in Mönchengladbach geschätzt — so viel riefen Dienstleister als Komplettangebot auf, teilen die Antragsteller mit. Und die Stadt ist schließlich immer noch Stärkungspaktkommune und muss nach wie vor jeden Cent zweimal umdrehen.

Genau wie Solingen, wo genau diese Frage der Finanzierung zeitweise wieder zur Abschaffung des Rats-TV führte. Im Februar 2014 wurde in der Klingenstadt erstmals eine Ratssitzung live im Netz gezeigt, 547 Menschen schauten zu. 760 waren es mal, als es um den Haushalt ging, danach sackten die Zahlen in den Keller, der Durchschnitt lag bei 338 Zugriffen pro Sitzung. Nur 17 Prozent der Nutzer verfolgten die Sendungen länger als 30 Minuten. Ende 2014 wurde der Testbetrieb wegen der Finanzlage der Stadt nicht verlängert. Im April 2015 kam dann die Kehrtwende: Bis 2020 stellt Solingen nun jährlich 10 000 Euro fürs Rats-TV zur Verfügung.

Neben den Kosten waren es in Gladbach meist datenschutzrechtliche Belange, die gegen Rats-TV sprachen.