Nach Kritik der Bezirksregierung E-Auto „Sven“: Zweistündiger Schlagabtausch im Stadtrat
Mönchengladbach. · Die Opposition warf den Fraktionschefs von CDU und SPD vor, im NEW-Aufsichtsrat gegen die Interessen des Rates gehandelt zu haben.
Das umstrittene Investment der NEW AG in das Elektroauto „Sven“ hat am Mittwochabend zu einem zweistündigen Schlagabtausch im Stadtrat geführt. Die Opposition warf CDU-Fraktionschef Hans Peter Schlegelmilch und seinem SPD-Pendant Felix Heinrichs vor, als vom Rat entsandte Mitglieder im NEW-Aufsichtsrat gegen dessen Interessen gehandelt zu haben.
Beide hatten in der Aufsichtsratssitzung der NEW am 7. Juni 2018, in der der Kauf der Anteile für 2,5 Millionen Euro beschlossen worden war, dem Deal zugestimmt – anders als die kommunalen Vertreter OB Hans Wilhem Reiners, Sabine Anemüller (Viersen) und Stephan Pusch (Kreis Heinsberg), die sich enthalten hatten, weil zuvor der Vorbehalt des Rates aus dem Beschlusspapier entfernt worden sein soll. Weil der Kauf aber ohne Zustimmung des Rates und ohne Beteiligung der Bezirksregierung vollzogen wurde, hatte die Kommunalaufsicht bereits seit November darauf gedrängt, die Beteiligung rückgängig zu machen, wie aus dem Bericht von Reiners und der anschließenden Debatte hervorging. Nach einem letzten Gespräch mit der Bezirksregierung in der vergangenen Woche, bei dem laut Reiners sehr deutlich gemacht worden sei, das Verfahren „nicht auf die Spitze zu treiben“, hatte die NEW angekündigt, sich von den Anteilen zu trennen.
Heinrichs sagte dazu in der Ratssitzung: „Aus heutiger Sicht wäre es klüger gewesen, sich damals anders zu verhalten. Es gibt das Problem, eine Chance nicht vorbeiziehen zu lassen und sich trotzdem an alle Regeln zu halten.“ Schlegelmilch, Vorsitzender des NEW-Aufsichtsrates, wurde von der Opposition scharf attackiert. „Sind Sie geeignet als Vorsitzender des Aufsichtsrates oder müssen Sie Konsequenzen ziehen und Ihr Aufsichtsratsmandat abgeben?“, fragte Grünen-Fraktionschef Karl Sasserath. Schlegelmilch verlangte daraufhin konkrete Angaben, auf welcher Rechtsgrundlage er Verstöße begangen habe: „Was genau legen Sie mir denn zur Last?“
Im Kern geht es um einen Passus, der standardisiert in den Beschlussvorlagen für den NEW-Aufsichtsrat enthalten ist. Dass nämlich solche Entscheidungen noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Rates stehen. Nach Informationen unserer Redaktion wurde dieser Passus aber in der fraglichen Sitzung gestrichen, woraufhin NEW-Vorstand Frank Kindervatter ein Mandat hatte, den Deal auch ohne Beteiligung von Rat und Bezirksregierung abzuwickeln. So ist es auch geschehen. „Es ist vollkommen unerheblich ob, wer und überhaupt welche Themen gestrichen worden sind“, so Schlegelmilch. Diese Formulierung habe lediglich eine „deklaratorische Funktion“, das weitere Vorgehen nach einem solchen Aufsichtsratsbeschluss sei ja ohnehin von der Gemeindeordnung vorgeschrieben. Es habe deshalb nie die Absicht gegeben, den Rat zu umgehen, wie auch Heinrichs betonte.
„Das Problem ist nicht der Einstieg in ,Sven’, da kann man Wege finden, dies umsetzen zu dürfen“, sagte Linken-Fraktionschef Torben Schultz. „Aber es gibt die klare Regel: Vor dem Gang zum Notar muss der Rat entscheiden und die Bezirksregierung einbezogen werden.“ Über mehrere Instanzen sei deshalb falsch gehandelt worden. FDP-Fraktionschefin Nicole Finger sagte: „Sie haben die Rechte des Rates nicht beachtet, weil Sie der Vorlage zugestimmt haben, die auf den Genehmigungsvorbehalt verzichtet.“ NEW-Chef Kindervatter betonte, er sei nicht von der Rechtsauffassung der Bezirksregierung überzeugt: „Wir handeln nicht fahrlässig, sondern im Sinne des Unternehmens und der Anteilseigner.“ Die FDP beantragte Akteneinsicht.
Dem Bericht von OB Reiners zufolge wurde die Stadtverwaltung, also auch er selbst, nach dem Beschluss des NEW-Aufsichtsrats am 7. Juni 2018 am 1. August über den Kauf informiert. Dem Vernehmen nach war das zwei Tage nach Abschluss des Kaufvertrags beim Notar. Am 27. September wurde der bereits abgewickelte Kauf der „Sven“-Anteile im Finanzausschuss beraten und in den Hauptauschuss verwiesen, der am 2. Oktober zustimmte. Am 4. Oktober schaltete die Linke die Bezirksregierung ein, die am 9. Oktober um einen Bericht bat. „Wir haben das als Beginn eines kommunalaufsichtlichen Verfahrens gewertet“, sagte Reiners. Daraufhin wurde die Vorlage für den Rat zurückgezogen. Am 6. November gab die Bezirksregierung dann einen ersten deutlichen Fingerzeig: Die Rückabwicklung sei geboten.