Nabu hilft wandernden Kröten
Ruth Seidel und Helfer retten Kröten, Frösche und Molche.
Beinahe bewegungslos sitzt die grünbraune Erdkröte auf dem Bürgersteig neben der Luise-Gueury-Straße. Ruth Seidel lässt ihre Taschenlampe auf das Tier gerichtet, während sie näher herangeht. Aufmunternd hält sie einen grünen Plastikeimer vor sich: „Versuchen Sie’s mal“, sagt sie.Also gut, dann wird jetzt mal gerettet. Langsam in die Hocke, rechte Hand öffnen, die Kröte sanft umfassen und hochheben. Sonderlich begeistert scheint das Tier davon nicht zu sein — es windet sich. Der kleine Körper fühlt sich weich an, die warzige Haut ist trocken und kalt. Sekunden später sitzt die Kröte neben einem Artgenossen in Ruth Seidels grünem Plastikeimer, gut abgeschirmt vor den Autos und Bussen, die nur wenige Meter entfernt vorbei rollen.
Später bringt die Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu) Mönchengladbach, Ruth Seidel, die beiden auf die andere Straßenseite, damit sie von dort weiter bis zu ihrem Laichplatz im Vorster Busch wandern können.
„Kröten gehen immer in das Gewässer zurück, in dem sie geboren wurden“, erzählt Ruth Seidel. Einige hätten dann bis zu drei Kilometer Strecke hinter sich zu bringen, ergänzt die 73-Jährige. Jedes Mal, wenn sie unterwegs eine Straße queren müssen, kann sie das ihr Leben kosten. Um so viele Kröten wie möglich davor zu bewahren, auf der Luise-Gueury-Straße überfahren zu werden, sind Ruth Seidel und ihre Helfer seit Anfang März so gut wie jeden Abend auf dem Abschnitt zwischen Herzpark und Vorster Straße mit ihren Eimern unterwegs. Vor vier Jahren hat sie die Aktion zum ersten Mal organisiert, das sei die einzige Nabu-Aktion dieser Art in Mönchengladbach, sagt sie. Die Ehrenamtlichen übernehmen jeweils für ein paar Stunden den Transportservice für die Tiere, die nach Anbruch der Dunkelheit durch den Maschendrahtzaun aus dem Hardter Wald schlüpfen und über den Asphalt kriechen. Dort einen Krötenzaun aufzustellen, sei schlecht möglich, sagt Ruth Seidel. Bis Ende dieser Woche seien die rund zehn Helfer, fast alle Hardter, noch im Einsatz. Wenn Ruth Seidel stundenlang Kröten aufsammelt, trägt sie gelbe Gummihandschuhe. Denn „die Tiere sind ein bisschen giftig“, sagt sie. „Wir rechnen mit insgesamt etwa 800 Kröten, aber auch etwa 100 Fröschen und 40 Molchen“, erzählt die Nabu-Vorsitzende, während sie wieder auf ihrem Streckenabschnitt mit der Taschenlampe den Bürgersteig ableuchtet.
Ein paar Hundert Meter weiter in Richtung Vorster Straße sucht Helferin Diana Fix nach Amphibien, in der anderen Richtung ist Barbara Lorse mit ihren Söhnen Matthias und Richard unterwegs.
„Wir haben schon mal an einem Abend 260 Kröten gesammelt, aber heute ist es zu kalt“, sagt Ruth Seidel. Alles unter etwa sechs Grad Celsius sei für die Tiere eben kein vernünftiges Laufwetter, ergänzt sie. Und so bleibt ihr Eimer an diesem Abend fast leer.