Zwei Schwarzfahrer wider Willen

Ein Gladbacher Ehepaar besaß zwar einen Fahrschein der Preisstufe A2 für die Rheinbahn. Doch der galt nicht, obwohl er genauso teuer war wie der richtige der Preisstufe A3.

Als der Kontrolleur die U-Bahn der Linie 73 in Düsseldorf betritt und die Fahrgäste nach den Tickets fragt, hat der Mönchengladbacher Wolfgang Reichow keinen Grund zur Nervosität. Er zückt das für sich und seine Frau Sabine gekaufte und entwertete Ticket. Und doch teilt der Kontrolleur dem Paar, das auf dem Weg in den Urlaub ist, mit, sie seien Schwarzfahrer. Und er schreibt ihnen eine Rechnung über 60 Euro.

Foto: Andreas Bretz/Isabella Raupold

Passiert ist das am 27. Mai, und damit begann eine wochenlange Hängepartie mit der Rheinbahn. Der Grund: Das Ehepaar Reichow trat in eine Falle, die der Tarif-Dschungel des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) bietet.

Die beiden Gladbacher hatten ihr Vierer-Ticket der Preisstufe A2 an ihrem Wohnort in Mönchengladbach zum Preis von 10,20 Euro gekauft. Mit dem Auto fuhren sie von dort nach Düsseldorf, wo Wolfgang Reichow als Chirurg am evangelischen Krankenhaus einen eigenen Parkplatz hat. Dort stellten sie ihr Fahrzeug ab und fuhren mit der U-Bahn zum Wehrhahn und von dort mit der S-Bahn zum Flughafen — mit dem entwerteten Ticket.

Für Fahrten in Düsseldorf aber gilt anders als für Fahrten in Mönchengladbach nicht die Preisstufe A2, sondern A3. „Wir waren angeblich mit einem unterbezahlten Fahrschein unterwegs“, sagt Wolfgang Reichow, weshalb sie als Schwarzfahrer galten.

Nach der Rückkehr aus dem Urlaub schaute Sabine Reichow nach und fand Erstaunliches: Das Paar hatte sogar den richtigen Preis bezahlt. Denn lediglich beim Einzelfahrschein ist das Ticket für die Fahrt in Düsseldorf zehn Cent teurer (2,80 Euro) als in Mönchengladbach. Der Preis für das Vierer-Ticket aber, das das Paar Reichow benutzte, ist in beiden Preisstufen identisch, es kostet in A2 und A3 jeweils 10,20 Euro. „Dann kann doch nicht von einem unterbezahlten Fahrschein die Rede sein“, sagt der Mediziner und wandte sich an die Rheinbahn. „Wir bitten Sie herzlich, auf die Erhebung eines erhöhten Beförderungsentgelts zu verzichten.“

Doch darauf ließ sich die Rheinbahn erstmal nicht ein. Mitte Juni erreichte die beiden Gladbacher ein Schreiben mit dem Angebot, die Rheinbahn wäre „ausnahmsweise mit Zahlung eines Betrages von EUR 10,00“ einverstanden, dann wäre die Sache erledigt. Von einem Kulanzangebot war die Rede.

Doch mittlerweile ging es Wolfgang und Sabine Reichow nicht mehr um 60 Euro oder 10 Euro Strafe, sondern ums Prinzip. Reichow zahlte erst einmal und versuchte am Montag noch einmal sein Glück am Telefon. Nach und viel Geduld fand er tatsächlich eine Ansprechpartnerin, die ihm recht gab — und die 10 Euro sollen nun zurückgezahlt werden.

Rheinbahn-Sprecher Eckhard Lander bestätigt den Vorfall und räumt ein: „Das ist schon eine kleine Falle für Besucher von außerhalb.“ Der Hintergrund ist, dass fünf Städte in NRW, darunter Düsseldorf, seit Januar 2015 höhere Preise einfordern und dafür die neue Tarifstufe A3 eingeführt haben. Dies wird mit dem besonders großen ÖPNV-Angebot begründet, betrifft aber bislang nur den Preis für Einzelfahren und Zeitkarten.

Lander nimmt aber den Kontrolleur in Schutz: Die Mitarbeiter seien aufgefordert, nicht selbst über eine mögliche Kulanz zu entscheiden, um emotionale Debatten in den Zügen zu vermeiden. Dies sollen später die Sachbearbeiter entscheiden.