Keine Chance im Bundesrat NRW-Justizminister: Schwarzfahren bleibt eine Straftat

Düsseldorf · Peter Biesenbach (CDU) sieht keine Aussicht auf Erfolg bei seinen Bemühungen um eine Entkriminalisierung. Aber er bastelt an Alternativen, sagt er.

NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) wollte Schwarzfahren von einer Straftat zur Ordnungswidrigkeit herabstufen.

Foto: dpa/Marcel Kusch

NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) beerdigt vorerst seine Versuche, das Schwarzfahren von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit herunterzustufen. Drei Jahre lang hatte er intensiv für diesen Weg geworben, um Justiz und Gefängnisse zu entlasten. Doch er sieht im Bundesrat derzeit keine Aussicht auf Erfolg.

Dass ausgerechnet der Justizminister sich für weniger Strafverfolgung einsetzt, hat einen einfachen Hintergrund: Bei den Staatsanwaltschaften in Nordrhein-Westfalen gehen jährlich rund 100 000 Verfahren wegen des „Erschleichens von Leistungen“ ein, wie das Schwarzfahren im Strafgesetzbuch heißt. Urteile gegen Schwarzfahrer machten zwischen 2012 und 2018 rund zehn Prozent aller Verurteilungen aus. Das bedeutet: Das Bagatelldelikt bindet Kapazitäten in der Maschinerie der Justiz.

Ersatzfreiheitsstrafen kosten NRW zig Millionen Euro im Jahr

Und nicht nur dort. Zwar werden nur durchschnittlich 8,4 Prozent der Delinquenten, so das Ministerium auf Anfrage, zu Freiheitsstrafen verurteilt – es gibt aber eine hohe Zahl von Menschen, die zusätzlich hinter Gitter müssen, weil sie ihre Geldstrafe nicht bezahlen. Diese Personen, die der Richter ursprünglich gar nicht einsperren wollten, blockieren Tausende Haftplätze jedes Jahr und kosten das Land zig Millionen Euro.

Thüringen und Berlin sind vorgeprescht und wollen Biesenbachs Ansinnen über den Bundesrat durchsetzen. Dennoch erklärte der NRW-Minister am Mittwoch in einer Fragestunde im Landtag, er werde die Initiative dort selbst ablehnen. „Es lohnt sich nicht, sich zu verkämpfen, wenn erkennbar keine Mehrheit dafür da ist“, erklärte Biesenbach. Und für eine solche sehe er aktuell nicht die geringste Chance auf Bundesebene.

Er machte deutlich, dass er über Lösungswege lieber hinter den Kulissen spreche – sowohl am Rande der Justizministerkonferenz als auch mit dem Richterbund. Zudem aber etwa mit den Verkehrsbetrieben, die dazu beitragen könnten, „dem Phänomen auf vielen Ebenen zu begegnen“. „Ich bin mit dem Ergebnis ganz zufrieden“, sagte Biesenbach im Plenum. Als Beispiel nannte er die Erkenntnis, dass sich die Schwarzfahrten und die Zahl von Anzeigen reduziert hätten, seit einige Verkehrsunternehmen Fahrgäste nur noch beim Busfahrer einsteigen und dort die Tickets vorzeigen lassen. Details zu den geplanten Maßnahmen wollte er noch nicht nennen. „Wir sind uns einig, wenn es darum geht, die Zahl der Verfahren und die Zahl der Ersatzfreiheitsstrafen zu verringern“, konterte er die kritischen Nachfragen aus den Reihen der Opposition. „Ein Ergebnis werden wir erzielen. Haben Sie Geduld.“