Gesundheitsversorgung in Dormagen Apotheker in Sorge vor den Reformplänen
Zons · Die Lage in den Apotheken hat sich in den letzten Monaten nicht verbessert. Viele Medikamente sind nicht lieferbar. Mit Sorge blicken Apotheker auch in Dormagen auf die Reformpläne des Bundes.
Mit Spannung und mit großer Sorge erwarten Apothekerinnen und Apotheker in den nächsten Wochen auch in Dormagen den Referentenentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zur angekündigten Apothekenreform. Schon seit längerer Zeit kritisieren Apotheker die Gesundheitspolitik des Bundes, im vergangenen Jahr haben Apotheker und auch Ärzte mehrfach dagegen protestiert, um auf die Schwierigkeiten im System hinzuweisen. Apothekensterben, Lieferengpässe bei Medikamenten, Personalmangel und seit Jahren zu niedrige Honorare waren unter anderem die Kritikpunkte – geändert habe sich bisher nichts, wie Jessica Weber, Inhaberin der Martinus Apotheke, erklärt. Und auch die Reform verheiße nichts Gutes, so die Apothekerin.
Deutliche Kritik gibt es zum Beispiel an der Idee, eine „Apotheke light“ einzuführen – also eine Apotheke ohne Apotheker. „Das würde ganz klar eine Minderversorgung für die Bürgerinnen und Bürger bedeuten“, erklärt Weber. Denn viele Leistungen können und dürfen in einer Apotheke ohne einen Pharmazeuten gar nicht erbracht werden. Es gebe kein Labor, keine Notdienste und auch die Beratung sei eine andere. „Auch die Abgabe von Betäubungsmitteln, zum Beispiel von stärkeren Schmerzmitteln, darf nur durch Apotheker erfolgen.“ Eine Apotheke „light“ wäre also nur eine Arzneimittelabgabestelle – wenn der Kunde nur ein Nasenspray benötige, würde das ausreichen, in vielen Fällen allerdings nicht.
Um den Ernst der Lage in den Apotheken zu verdeutlichen, war der SPD-Bundestagsabgeordnete Daniel Rinkert in der letzten Woche von Jessica Weber eingeladen, sich selbst ein Bild zu machen. Rinkert nahm die Einladung gerne an und absolvierte unter dem Motto „Daniel in Aktion“ ein „Praktikum“ in der Martinus-Apotheke. „Das war erhellend“, so der Bundestagsabgeordnete nach dem Tag. Die von den Apothekern beschriebenen Probleme seien so sehr deutlich geworden und er wolle die Themen an seinen Kollegen im Gesundheitsausschuss weitergeben. „Es wurde zum Beispiel noch einmal deutlich, wie viele Medikamente aktuell nicht lieferbar sind und welche Schwierigkeiten und welchen Aufwand das bedeutet“, so Rinkert. „Die Lieferengpässe treffen immer wieder neue Arzneimittel“, erklärt Jessica Weber. Betroffen seien alle Bereiche, aktuell beispielsweise Blutdruck-Medikamente, Beruhigungsmittel, nach wie vor Antibiotika, Arzneimittel zur Anwendung am Auge und Asthmasprays. Das Lieferengpass-Management sei unglaublich aufwendig, weil oft stundenlang nach alternativen Medikamenten gesucht werden müsse, wie Jessica Weber erklärt. „Und auch das ist ohne Apotheker nicht möglich.“
Jessica Weber sei froh, dass Daniel Rinkert sich so viel Zeit genommen habe und die Themen mit nach Berlin tragen wolle. „Es ist ja nicht alles schlecht, was der Gesundheitsminister vorschlägt, aber es geht häufig an der Realität und der Praxis vorbei“, sagt sie. Die Probleme würden nicht weniger, immer kämen neue Schwierigkeiten on top hinzu und die finanzielle Lage sei bei vielen Apotheken sehr schwierig – viele Leistungen, die von den Apothekern erbracht werden (müssen), würden überhaupt nicht bezahlt. Die Folge: Immer mehr Apotheken schließen. „Das Letzte, das wir wollen, ist, noch eine Apotheke zu verlieren“, betont Weber. „In Dormagen können wir uns das nicht leisten.“ Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen aus Dormagen bleiben weiter am Ball und geben nicht auf, um die bestmögliche Versorgung der Patienten zu kämpfen. „Ich finde es super und freue mich sehr, dass trotz der vielen Schwierigkeiten hier nicht gejammert, sondern aktiv nach Lösungen gesucht wird“, lobt Daniel Rinkert. „Man merkt, dass die Mitarbeitenden wirklich Lust auf den Job haben und anpacken, das finde ich toll. Und ich sehe hier, wie wichtig die Apotheke vor Ort ist, denn sie ist Anlaufstelle und Treffpunkt zugleich, zudem findet hier vor allem eine wichtige Sozial- und Gesundheitsberatung statt.“