„Autofahrer müssen mehr Toleranz zeigen“

Der ehrenamtliche Fahrradbeauftragte der Stadt, Manfred Weigand, will mehr Anreize für Radler im Straßenverkehr schaffen.

Foto: Dackweiler

Wie radfreundlich ist Meerbusch im Vergleich zu anderen Städten aus Ihrer Sicht?

Manfred Weigand: Wir haben ein recht gutes Radwegnetz und bieten einige Vorteile für Radfahrer. Nicht umsonst ist Meerbusch kürzlich in die Arbeitsgemeinschaft der fahrrad- und fußgängerfreundlichen Städte aufgenommen worden, wofür bestimmte Mindestanforderungen erfüllt werden mussten. Dennoch ist nach wie vor einiges zu tun — insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass Radfahrer einen größeren Raum in der innerstädtischen Mobilität einnehmen sollen. Vom Ziel, 65 Prozent der Fahrten innerhalb der Stadt auf die sogenannte Basismobilität — Fußgänger, Radfahrer und ÖPNV — zu verschieben, liegen wir aktuell noch mehr als 25 Prozent zurück. Es ist also noch mächtig Luft nach oben.

Was gilt es zu verbessern, und wie will man diese Pläne umsetzen?

Weigand: Es gibt in Meerbusch seit Herbst 2014 einen Arbeitskreis Radverkehr, in dem sich fahrrad-affine Personen der Fraktionen zusammengefunden haben. Sie erarbeiten Vorschläge, die dann in den zuständigen Ausschüssen beraten werden. So wurde ein Ingenieurbüro mit einem Radverkehrskonzept beauftragt, das im letzten Jahr fertiggestellt und auch vom Rat beschlossen wurde. Das ist ein großer Schritt nach vorne, denn darin steht, was getan werden sollte und muss. Allerdings ist etwas zu beschließen die eine Sache, es dann umzusetzen, eine andere. Wenn beispielsweise ein Schutzstreifen für Radfahrer markiert werden soll, diese Fläche aber als Parkplatz wegfällt, ist der Aufschrei oftmals sehr groß. Da gilt es, noch einige dicke Bretter zu bohren.

Welche Lösung streben Sie für Meerbusch an?

Weigand: Der Radverkehr kann auf zwei verschiedene Möglichkeiten abgewickelt werden. Entweder als Mischverkehr, das heißt, Radfahrer und Autofahrer teilen sich die Fahrbahn, oder aber komplett getrennt vom Autoverkehr. Eine Trennung ist erheblich teurer, denn dafür sind diverse bauliche Maßnahmen notwendig. Ich bin auch der Meinung, dass für eine Stadt mit der Größenordnung von Meerbusch vielfach Mischlösungen möglich sind. Dafür ist aber ein Umdenken beim Autofahrer erforderlich. Er muss sich von dem Gedanken lösen, dass ihn der Radfahrer darin hindert, schneller voranzukommen.

Wäre es nicht trotzdem sinnvoll, weitere Hauptverkehrsradwege zu schaffen, die nur für den Radverkehr zugänglich sind?

Weigand: Absolut! Uns schwebt zum Beispiel entlang der K-Bahn-Linie eine Verbindung von Krefeld bis nach Düsseldorf vor. Ein Teil davon, vom Landsknecht bis zum Böhlergelände, wird in Büderich noch in diesem Jahr realisiert, dort entsteht ein komplett neuer Radweg. Diesen könnte man weiter nach Norden über Bovert nach Krefeld weiterführen und verbreitern. Allerdings würde diese Strecke eher dem und Freizeitverkehr zugutekommen. Es würde also nicht dem vorrangigen Ziel dienen.

Welches Ziel meinen Sie damit genau?

Weigand: Das Freizeitradfahren ist in der Region sehr beliebt — am Wochenende zur Erholung oder als Sportausgleich. Wir wollen und müssen das Fahrrad als Verkehrsmittel aber zunächst vorrangig für den Weg für Besorgungsfahrten und den Weg zur Arbeit etablieren. Gerade mit E-Bikes sind auch Strecken von zehn oder 15 Kilometern heutzutage kein Problem mehr. Leider werden immer noch viel zu viele Kurzstrecken zum Bäcker, Supermarkt oder zur Bank mit dem Auto zurückgelegt. Ziel muss es sein, mehr Autos aus Meerbusch herauszubekommen, denn sie belasten die Stadt. Und klimafreundlich ist es auch nicht.

Ist der Umweltaspekt denn auch ein Thema in Meerbusch?

Weigand: Ja, sogar ein sehr großes. In Meerbusch gibt es verhältnismäßig viele Autos. Der Autoverkehr ist nach der Heizung als zweitgrößter Faktor für den CO2-Ausstoß verantwortlich. Ein Austausch des Autos gegen das Fahrrad würde also auch die Luft in Meerbusch wieder ein Stück besser machen.

Wie wichtig sind sogenannte Fahrradboxen, um noch mehr Menschen zum Radfahren zu bewegen?

Weigand: Da sich immer mehr Menschen wertvollere Räder oder E-Bikes kaufen, ist das eine wichtige Sache. Wenn die Leute wissen, dass sie ihr Fahrrad sicher abstellen können, sind sie eher bereit, es zu nutzen. Zwei Boxenstandorte wurden kürzlich am Landsknecht und am Osterather Bahnhof mit jeweils 20 Stellplätzen installiert. An anderen hoch frequentierten Rheinbahnhaltestellen wie Haus Meer oder Bovert wären solche Boxen ebenfalls sinnvoll.

Was müsste in Zukunft getan werden, damit noch mehr Menschen in Meerbusch freiwillig das Auto stehen lassen und stattdessen aufs Fahrrad umsteigen?

Weigand: Man muss den Fahrradfahrern einen sicheren Weg anbieten. Damit meine ich aber nicht nur einen Weg, der als sicher gilt, sondern sich sicher anfühlt. Das hängt allerdings wiederum viel vom Autofahrer ab, der mehr Rücksicht zeigen muss. Es muss ein Miteinander statt ein Gegeneinander her, das muss in den Köpfen der Leute wachsen.