Europawahlim Rhein-Kreis Neuss: Wenig Interesse an Europa

CDU erleidet herbe Verluste, SPD auf historischem Tief. Radikale haben im Rhein-Kreis keine Chance.

Rhein-Kreis Neuss. Die Stimmung im Foyer des Neusser Rathaus war gedämpft: unabhängig von der Parteienzugehörigkeit Kopfschütteln oder betretenes Schweigen. Eine Wahlbeteiligung von gerade mal 30 Prozent nach den ersten Ergebnissen - und das sollte sich auch bis zum vorläufigen Endergebnis nicht mehr groß verbessern.

Genau 42,03 Prozent der insgesamt 332084 Wahlberechtigten im Rhein-Kreis Neuss gaben ihre Stimme in den Wahllokalen ab. In Neuss haben 37,95 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Recht Gebrauch gemacht, die Zusammensetzung des Europaparlamentes zu bestimmen: Noch weniger als im Bundesschnitt und auch weniger als in Neuss noch vor fünf Jahren. Auch in den übrigen Städten des Rhein-Kreises sah das nicht viel besser aus.

In Meerbusch war sie mit 49,7 Prozent am höchsten, dicht gefolgt von Korschenbroich (47,3 Prozent) und Kaarst (48,1 Prozent).

Dennoch wurden die Ergebnisse allerorts mit Spannung erwartet. In Neuss ist die CDU erwartungsgemäß stärkste Kraft geblieben, musste aber deutliche Verluste hinnehmen. Die SPD, vor fünf Jahren mit gerade einmal 20,4 Prozent abgestraft, konnte selbst dieses Ergebnis nicht halten. Die FDP legte deutlich zu, die Grünen verbesserten ihr Ergebnis leicht.

"Die Grundstimmung ist klar: Die CDU ist stärkste Kraft", kommentierte Parteivorsitzender Jörg Geerlings am Abend im Rathaus. Aber auch er wirkte nicht wie im Freudentaumel. "Bis zur Kommunalwahl müssen wir einfach die Wähler noch mehr mobilisieren."

Das will auch Reiner Breuer, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion. Er machte sich für eine parteiübergreifende Anstrengung stark: "Alle Parteien müssen daran arbeiten, die Wahlbeteiligung zu erhöhen." Schlussfolgerungen aus dem Wahlergebnis mochte er noch am Wahlabend nicht ziehen. Oder doch? Immerhin, so Breuer, habe die CDU in Neuss überproportional verloren. So weit wie sein Parteivorsitzender Benno Jakubassa ging er allerdings nicht: Der wertete das Ergebnis wegen des schlechten CDU-Abschneidens als "das beste seit Jahrzehnten".

Die FDP ist bei dieser Wahl kreisweit eindeutig als Sieger hervorgegangen: 16,2 Prozent (2004: 9,7). Das freute auch den Kreisvorsitzenden der Liberalen Bijan Djir-Sarai, der die Wahlergebnisse im Grevenbroicher Kreishaus verfolgte: "Wir freuen uns über ein zweistelliges Ergebnis, sind uns aber auch der Verantwortung bewusst. Die FDP hat sich seit 1998 inhaltlich und strukturell stark verändert. Das ist jetzt messbar, auch im Kreis haben wir Mitgliederzuwächse."

Die CDU bleibt trotz Verlusten weiterhin stärkste Kraft im Rhein-Kreis Neuss, die 43,23 Prozent (2004: 50,76) der gültig abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen konnte. Kreisdirektor Hans-Jürgen Petrauschke: "Das Ergebnis ist zwar schlechter als 2004, aber trotzdem noch zufriedenstellend. Darauf lässt sich aufbauen."

CDU-Landrat Dieter Patt appellierte: "Wir nehmen Europa selbstverständlich wahr. Es wurde eine weitsichtige Politik in Europa betrieben, und ich hatte eigentlich gehofft, dass sich das auch in der Wahlbeteiligung niederschlägt. Als Kreiswahlleiter lautet daher mein Appell für die künftigen Wahlen: Bitte geht zur Wahlurne. Eine unserer wichtigsten Aufgaben für die Zukunft wird sein, vor allem Schüler mehr für Europa zu begeistern."

Grevenbroichs Bürgermeister Axel Prümm (CDU): "Der bundesweite Trend trifft auch für Grevenbroich zu. Unser Stimmenanteil ist erfreulich hoch, die Wahlbeteiligung dagegen erschreckend niedrig. Froh können wir alle sein, dass zumindest den Radikalen der Nährboden entzogen wurde."