Ausstellung "Bedürfnis Kunst" in der Langen Foundation
Moderne Meisterwerke aus der Sammlung der Familie Langen sind jetzt auf der Raketenstation zu sehen.
Neuss. "Bedürfnis Kunst" ist ein misslungener Titel für eine grandiose Ausstellung in der Langen Foundation. Die Kunst ist ja bedürfnislos. Für Viktor und Marianne Langen war es eine innere Notwendigkeit, sich mit Kunst zu umgeben. Die jetzige Schau auf der Raketenstation macht deutlich, mit welch nachtwandlerischer Sicherheit, Entschlussfreude und Klugheit die Langens seit Ende des letzten Krieges die Moderne kauften.
Max Ernsts "Rien n’est incompréhensible" ("Nichts ist unverständlich") entstand 1923 als Wandgemäldezyklus im Hause Paul Eluards in Eaubonne und wurde bei seiner Wiederentdeckung vom Gips auf die Leinwand übertragen. K 20 etwa besitzt Beispiele aus diesem Zyklus, wie andere große Häuser auch. In der Langen Foundation ist es ein amphibienartiges Wesen mit rotem Pavianhintern, Vogelschnabel und Schneckenfühlern, das mit seinem Hinterteil und mit einem Vogel beschäftigt ist. Zu dieser surrealen Chimäre gesellt Max Ernst, der in Liebe zu Eluards Frau entbrannt war, eine grandiose, abstrakte Farbkomposition. Entstanden ist ein frühes Meisterwerk.
Mit untrüglichem Gespür für die Aufbruchstimmung nach dem Krieg wurde hier gekauft. Nicht irgendein Werk von Otto Piene etwa, sondern ein frühes, bronziertes Rasterbild und ein kapitales, ebenfalls frühes Rauchbild werden gezeigt. Die Entwicklung Fernand Légers lässt sich in wunderbaren Beispielen vergegenwärtigen. Dabei kauften die Langens rückwärts gewandt. Sie schnappten sich noch in der ersten Léger-Ausstellung, im Düsseldorfer Kunstverein, ein Werk von 1950: Bauarbeiter turnen auf Gerüsten herum und simulieren eine typische Bau-Situation nach dem Krieg, die den Techniker Langen interessiert haben muss. Er ließ bei Léger nicht locker und erstand später auch herrliche Werke aus den 1930er Jahren.
Manche Arbeit wirkt wie eine Inkunabel. "Ja - Was? - Bild" nannte Kurt Schwitters seine frühe Collagen, wobei er farbig bemalte Papiere neben rotierende Kreise und reliefartige Pappen klebte, eine beispielhafte "Merzkunst".
Kubo-Futurismus, Konstruktivismus und Karo-Bube bis hin zur Stijl-Gruppe um Piet Mondrian finden sich in der Schau, wobei letzterer mit einer exemplarischen "Komposition mit Rot, Blau und Gelb" (1940) aus der amerikanischen Emigration vertreten ist. Unweit davon strahlt an einer Stirnwand eine kapitale Stierkampfszene von Francis Bacon.
Wer einen Schnellkurs in Meisterwerken aus dem 20. Jahrhundert bis hin zu Boteros köstlichem Büromenschen haben will, der aus seinem Puppenstuben-Milieu austritt, der muss sich diese Sammlung anschauen.
Langen-Foundation, Raketenstation Hombroich 1, bis 17. Juni. Bis Ende März di bis so 10 - 18 Uhr, ab April täglich 10-18 Uhr