Superstar-Show: „Ich rufe zum Boykott auf“

WZ-Interview Musikschulleiter Mark Koll findet die Superstar-Show furchtbar.

Kaarst. Jeden Samstagabend erreicht die Fernsehsendung "Deutschland sucht den Superstar" ein Millionenpublikum. Die Sprüche von Dieter Bohlen sind beliebt, aber auch heiß diskutiert. Mark Koll, Leiter der Musikschule Alte Heerstraße, hat einmal seinen Fernseher so programmiert, dass er sich samstagabends nicht anschalten ließ. Für die Kinder ein kleines Drama. Wie er die Sendung als Musiker, Musikpädagoge und Mensch sieht, darüber spricht Koll im WZ-Interview.

WZ: Herr Koll, wie denken Sie über die TV-Show "Deutschland sucht den Superstar?

Koll: Jeder schimpft über die Sendung und alle hassen Dieter Bohlen. Aber alle sehen es bis zum Ende. Ich rufe aktiv alle meine Schüler zum Boykott der Show auf, weil ich mehrmals feststellen musste, wie dort manipuliert wird. Es werden Equalizer und Hall eingesetzt, um die Stimmen zu verändern. Oft bekommen Teilnehmer ein falsches Playback, das gar nicht zu ihnen passt.

WZ: Also haben Sie es auch noch nie geschaut?

Koll: Ich habe es mir einmal 15 Minuten angesehen. Ich war erbost. Da sang jemand vor, der war echt gut. Aber dann drehten sie ihm den Hall weg, und die Jury sagte, er könne nicht singen. Aber das stimmte nicht.

WZ: Wie sieht Ihre Sichtweise als Musikpädagoge aus?

Koll: Da gibt es doch gar keine Pädagogik. Dieter Bohlen zitiert seine Sprüche aus einem Fundus von Vorlagen. Ich weiß, dass mehrere Leute für ihn die Texte schreiben. Zum Singen selber wird dort überhaupt kein Sinn gezogen.

WZ: Viele junge Menschen nehmen daran teil und singen wirklich schlecht. Tun Ihnen diese Personen Leid?

Koll: Es ist nicht nötig, die Leute öffentlich vorzuführen. Die Aufgabe von Musiklehrern ist, an der richtigen Stelle ehrlich zu sein. Wenn es beim Singen nur um einen Job geht, muss man ihnen sagen, dass daraus nichts wird. Nimmt bei mir aber ein Schüler Gesangsunterricht, um sein Selbstwertgefühl zu stärken, dann kann er das auch zehn Jahre machen und schlecht sein.

Hauptsache, er bleibt von allen Bühnen der Welt fern.

WZ: Empfinden Sie das Konzept der Castingshows allgemein als schlecht?

Koll: Am Anfang habe ich gedacht, damit könnte eine ehrliche Plattform geschaffen werden, um Leute zu entdecken. Wenn ich mir vorstelle, wie viele Talente ich in Kaarst bereits entdeckt habe, wie viele muss es dann erst in ganz Deutschland geben?

WZ: Und wenn einer ihrer Schüler sagt, dass er daran teilnehmen möchte?

Koll: Das haben ein paar sogar gemacht, einer von ihnen ist bis in die dritte Runde gekommen. Aber das passierte alles hinter meinem Rücken, weil sie wussten, dass ich nichts davon halte.

WZ: Ihre Schülerin Jenny Thiele hat vergangenes Jahr den Bundeswettbewerb "Jugend musiziert" in der Kategorie "Singen" gewonnen. Sie hat somit nachweislich das Talent und müsste bei solch einer Sendung bis in die Finalrunden kommen. Würde sich dann eine Teilnahme nicht anbieten, um groß herauszukommen?

Koll: Ein intelligenter Mensch weiß, dass man mit einem Fundament eher einen Beruf bekommt als mit einem Zufallstreffer. Wenn ich Kontakte zu Produzenten vermittele, steht da immer ein direkter Job dahinter. Dort können sie dann entdeckt werden.

WZ: Ihr Alternativprogramm für "Deutschland sucht den Superstar" lautet...

Koll: Volkskaraoke. Da bleibt die Stimmung in der Kneipe, sie ist ehrlich und hat so manchen zum Superstar gemacht, auch wenn er nur für einen Abend der König des Saals ist.