GDL legt erneut Arbeit nieder Neusser Bahnfahrer haben immer weniger Verständnis für Streiks

Neuss · Schon wieder Streik: Nach der gescheiterten Verhandlungsrunde streikt die GDL seit dem frühen Donnerstagmorgen wieder – zum vierten Mal in wenigen Monaten. So ist die Stimmung unter Neusser Bahnfahrern.

Die jüngsten Äußerungen von GDL-Chef Claus Weselsky sorgen bei Neusser Bahnfahrern für Kopfschütteln

Foto: Carla König

(ckoe) „Schlecht“ – so fasste eine 49-jährige Pendlerin die Stimmungslage am Neusser Hauptbahnhof am Donnerstagmorgen zusammen. Sie musste beruflich nach Korschenbroich fahren. Bei den letzten Streiks habe sie Glück gehabt, am Donnerstag werde sie aber zu spät zur Arbeit kommen, sagte sie. „So langsam schwindet das Verständnis. Der Weselsky zieht das knallhart durch.“ Seit Donnerstagmorgen 2 Uhr hat die GDL ihre Arbeit für 35 Stunden niedergelegt – zum vierten Mal in wenigen Monaten. Seit Anfang November 2023 verhandeln GDL und Deutsche Bahn. Eine der zentralen Forderungen der Gewerkschaft ist eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Doch auch die letzte Verhandlungsrunde ist gescheitert. GDL-Chef Claus Weselsky stellte „Wellenstreiks“ in Aussicht, die nicht wie bislang 48 Stunden vorher angekündigt werden sollen. „Damit ist die Eisenbahn kein zuverlässiges Verkehrsmittel mehr“, sagte er. Die Bahn könne vorher keinen Notfahrplan aufstellen. Angesichts dieser Äußerungen schwindet bei vielen Bahnfahrern das Verständnis für die Streiks. „Da sind zigtausende von betroffen. Die müssen doch planen können“, kritisierte Sabine Baltin. Die 53-Jährige musste von Neuss nach Düsseldorf. Für die Streiks habe sie zwar „schon Verständnis“, aber „man kann auch alles übertreiben“, sagte sie.

Nik Mustakas sah das ähnlich. Bei den letzten Streiks musste der 20-Jährige auf die U-Bahn ausweichen und sei deutlich länger unterwegs gewesen, diesmal habe er Glück gehabt, seine Bahn fuhr. „Ich verstehe schon, warum man streikt“, sagte auch er. „Unangekündigte Streiks finde ich aber frech. Wir sind ja nicht diejenigen, die Schuld daran sind, dass die Leute nicht genug Geld bekommen.“

Martin Hetzenegger fand ebenso deutliche Worte: „Ich kann das nicht nachvollziehen. Weselsky wollte von Anfang an nicht verhandeln.“ Er muss regelmäßig von Kaarst bis nach Koblenz pendeln und auf seiner Reise öfter umsteigen. Bisher habe er mit seinen Verbindungen zwar Glück gehabt, „dafür aber auch deutlich mehr Stress.“ Der Streit zwischen Bahn und GDL werde auf dem Rücken der Falschen ausgetragen, sagte er. „Es wird immer das Management der Bahn kritisiert. Dafür sind aber nicht die Fahrgäste verantwortlich, sondern andere.“ Auch für ihn wurde durch die unangekündigten Wellenstreiks eine neue Eskalationsstufe erreicht. „Weselsky geht es damit um das eigene Ego und um Macht“, sagte er. Er gehe deshalb davon aus, dass sich die Streiks noch weiter hinziehen werden.

(ckoe)