Berufung: Stadtchef maßlos enttäuscht

Napp wurde von der Entscheidung im Hauptausschuss überrascht.

Neuss/München. Eiszeit herrscht derzeit zwischen Neuss und München. Nach der Klinik der Barmherzigen Brüder ist nun das städtische Krankenhaus Harlaching Domizil von Bürgermeister Herbert Napp: Der hatte sich wie berichtet vor knapp einer Woche am Tag vor Messebeginn der Expo Real nach einem Sturz auf der Hoteltreppe des Maritim nicht nur Prellungen zugezogen, wie zunächst gedacht, sondern musste sich einer Operation an der Wirbelsäule unterziehen. Ein zweiter Eingriff steht am Montag bevor.

Am Abend vor der ersten Operation tagte in Neuss der Hauptausschuss. Ein Thema: Bürgermeister Napp. Es ging allerdings nicht um Genesungswünsche, die blieben aus. Stattdessen entschied das Gremium in seltener Einmütigkeit, dem Antrag der SPD zu folgen und die Berufung in dem für die Stadt verlorenen Prozess um Abführung der Nebeneinkünfte Napps aus dem RWE-Regionalbeirat prüfen zu lassen. Auch die CDU stimmte mit; obwohl man das Urteil für richtig halte, wie es der CDU-Stadtverordnete Heinz Günther Hüsch ausdrückte, um aber jeden Anschein zu vermeiden, man wolle den Bürgermeister (CDU) etwa schützen.

Informiert hatte den Bürgermeister niemand aus seiner Fraktion, er erfuhr erst nach der Operation von dem Beschluss. "Maßlos enttäuscht" zeigte sich Napp gestern in München, wo er offensichtlich vom Krankenbett aus umfangreiche Telefonaktivitäten entfaltet. Enttäuscht über den Umgang, verärgert über den Beschluss an sich: Das Urteil sei eindeutig er müsse entsprechend der derzeitigen Verordnungen die Nebeneinkünfte aus dieser Tätigkeit nicht abführen. Das Gericht selbst habe klargestellt, der Gesetzgeber sei nun zur Klarstellung der entsprechenden Verordnung gefordert.

Das sieht auch Jörg Geerlings so, CDU-Parteivorsitzender, stellvertretender Fraktionschef und Jurist wie Napp. Doch auch er hat für die Berufung gestimmt; der sensible Zeitpunkt habe sich ergeben, weil Fristen einzuhalten waren. "Die Angelegenheit wird jetzt sauber abgearbeitet", sagt Geerlings, betont aber auch: "Ich erwarte dass der Gesetzgeber das Ganze klärt."

Die juristische Auseinandersetzung zwischen Bürgermeister und Stadt könnte dennoch weitergehen, ist erst einmal über die Berufung entschieden.

Die Bitterkeit beim Bürgermeister jedenfalls sitzt tief. Es ist die fehlende Information, es ist wohl auch di fehlende Ansprache, die dem Stadtchef zu schaffen macht. Er verhehle nicht, dass auch er im politischen Geschäft zuweilen gern austeile, sagt Napp. "Ich bin keine Mimose. Aber wie meine Fraktion mich jetzt behandelt, ist einfach unglaublich." Nach der Operation am Montag werde er während der Reha in Neuss die Zeit zum Nachdenken nutzen. "Vergessen werde ich das nicht", sagt er: "Und irgendetwas muss danach passieren." Jörg Geerlings wertet die Angelegenheit allerdings anders: "Es gibt keinen grundsätzlichen Streit zwischen Bürgermeister und Fraktion."