Experte will Windräder für Vögel zeitweise stoppen lassen
Berater Rolf Thiemann (56) sieht die Vogelwelt gefährdet.
Grevenbroich. Rolf Thiemann ist alles andere als ein Gegner von Windrädern. Wenn es aber um die Königshovener Höhe geht, wirft er seine Prinzipien über Bord. „Dort sollte kein einziges Rad stehen“, sagt der 56 Jahre alte Naturschutzberater. Denn das ehemalige Tagebaugebiet habe sich zu einem Vogelparadies entwickelt, das durch die neuen, bis zu 200 Meter hohen „Spargel“ an der Grevenbroicher Stadtgrenze bedroht werde. Immer wieder werden dem Bedburger tote Vögel gemeldet, die unterhalb der riesigen Strom-Mühlen gefunden wurden — erschlagen von den Rotorblättern. Die Nachbarstadt Bedburg und RWE Innogy haben 2014 den ersten Teil des Windparks fertiggestellt, in der Vorwoche wurde der Spatenstich für die Erweiterung gesetzt — bis zum Jahresende sollen 21 Windräder auf der Halde stehen.
Rolf Thiemann registriert das mit einem Kopfschütteln: „Kein Mensch baut eine Autobahn vor einem Kindergarten“, sagt er: „Vergleichbares ist aber auf der Königshovener Höhe geschehen. Ein vernünftiger Biologe hätte niemals zugelassen, dass dort oben ein Windpark entsteht.“
Kein Jahr nach der Inbetriebnahme seien schon etliche Opfer zu beklagen — darunter ein Wanderfalke, der von Vogelschützern mit einem Ring versehen wurde. „Das Tier ist gerade mal zehn Monate alt geworden“, berichtet der 56-Jährige. Rolf Thiemann macht sich nun Sorgen darum, das weitere Vögel getötet werden könnten. „Etwa 150 Vogelarten wurden bereits auf der Königshovener Höhe registriert. Thiemann ist begeistert von der Vielfalt, die sich auf der Hochhalde eingestellt hat. Seltene Vögel wie der Steinschmätzer, der Bienenfresser oder der Flussreigenpfeifer leben dort, ebenso Wachteln und Rebhühner sowie Falken, Wiesen- und Rohrweihen, Milane und Uhus.
Das alles sieht Rolf Thiemann in Gefahr. „Sicherlich lassen sich die Windräder nicht mehr entfernen“, erklärt der 56-Jährige: „Von daher sollte sich RWE zu einem Kompromiss bereit erklären.“ Aus Sicht des Naturberaters müsste der so aussehen: „Zu bestimmten Zeiten sollten die Windräder ausgeschaltet werden — etwa während der Nahrungssuche oder in der Brut- und Zugzeit. Das wird heute bereits anderenorts in Deutschland praktiziert“, erklärt Thiemann. Dies sei zwar mit finanziellen Einbußen verbunden, diene aber dem Tierschutz. Vor dem Bau des Windparks hatte sich die Stadt Grevenbroich massiv gegen die Pläne von RWE und Bedburg gewehrt. In einer vom Rat verabschiedeten Stellungnahme wies der Umweltschutzbeauftragte Norbert Wolf im Mai 2013 auf die Gefahren für die Vogelwelt hin — letztlich vergeblich.