Felder und Weiden werden in Neuss zu Spekulationsobjekten

Auf der Suche nach knapper werdendem Land werden Bauern oft über den Preis ausgestochen.

Neuss. Acker- und Weideland wird ein knappes Gut — und damit nicht nur immer teurer, sondern auch zum Objekt für Anleger und Spekulanten. Für Peter Herzogenrath, den Geschäftsführer der Kreisbauernschaft, ist das eine Langzeitfolge der Wirtschaftskrise, denn Ackerland verzinst sich mit etwa einem Prozent zwar bescheiden, aber immer noch oberhalb der Inflationsrate. Für die mittelständischen Familienbetriebe, die der Berufsstand vor allem im Auge hat, werde dadurch die Lage zunehmend schwerer, sagt er.

Landwirtschaftsminister Johannes Remmel (Grüne) hatte in der Vorwoche besorgt den Blick auf die galoppierenden Ackerlandpreise gelenkt. Durchschnittlich seien diese landesweit in nur einem Jahr um 18, im Fünf-Jahreszeitraum sogar um 49 Prozent gestiegen, sagte er und kündigte an, die Möglichkeiten, die das Grundstücksverkehrsrecht bietet, vor diesem Hintergrund noch einmal prüfen lassen.

Derart dramatische Entwicklungen bei den Grundstückspreisen kann Willy Helfenstein, Geschäftsführer des Gutachterausschusses der Stadt Neuss, aus seinen Indexreihen nicht herauslesen. Für den Zeitraum ab 2010 macht er eine Preissteigerungsrate von zehn Prozent aus. Allerdings, so gibt er zu, seien dafür dafür nur die relativ wenigen Verkäufe von Bauer zu Bauer ausgewertet worden. „Die Bodenrichtwertekarte des Gutachterausschusses spiegelt die Realität nur teilweise wider“, merkt Herzogenrath kritisch an. Statt der fünf Euro, die laut Bodenrichtwertkarte ein Quadratmeter von der Scholle in Neuss kosten soll, würden auch acht Euro und mehr gezahlt.

Landwirte, denen in ihrer Gesamtheit nach Wissen der Kammer nur noch ein Drittel des Acker- und Weidelandes selbst gehört, haben dabei oft das Nachsehen. Der Neusser Ortslandwirt Oliver Hilden kennt einen solchen Fall aus seiner Nachbarschaft in Holzheim. Dort erwarb ein Neusser Wohnungsbauunternehmen bei einer Zwangsversteigerung knapp einen Hektar Ackerland. Der Bauer, der diese Fläche bestellte, hatte zwar ein Vorkaufsrecht, sagt Hilden. „Aber wie so oft wurde er über den Preis ausgestochen“, sagt er. Dieser Landwirt ist doppelt betroffen, denn der gezahlte hohe Kaufpreis führt für ihn nun zu einer höheren Pacht. Teuer wird das Produktionsmittel Boden auch dadurch, dass immer mehr Fläche an andere Nutzungen verloren geht. In nur zehn Jahren waren das allein in Neuss fast vier Millionen Quadratmeter, sagt Karl-Heinz Olk von der Unteren Bodenschutzbehörde beim Kreis, vier Prozent der Nutzfläche.

Die damit einhergehende Preissteigerung stört ihn weniger. „Böden sind eben mehr als der Dreck unter dem Schuh“, sagt er. Dass Kommunen ihre Flächen brauchen, um Gewerbe- und Wohngebiete auszuweisen, dass immer mehr Fläche versiegelt wird, damit habe man sich abgefunden, sagt Olk, der mit seiner Behörde versucht, über ein Bodenmanagement zu einer gelenkten Entwicklung zu kommen. Ziel sei es, vor allem die für die Landwirtschaft wichtigen Flächen künftig zu schonen.