Glücksspiel in Neuss Kampf der Stadt gegen Spielhallen – Erfolge sind bislang Ausnahme
Neuss. · Die Stadt will die Zahl der Spielhallen reduzieren, musste aber an der Moselstraße eine neue konzessionieren.
Aus Farben Pelzer ist eine Spielhalle geworden. Die Umwandlung eines Fachgeschäftes für Malerbedarf in eine Glücksspielstätte löst zwar in der Nachbarschaft an der Moselstraße keinen Jubel aus, doch folgt sie einer von der Politik vorgezeichneten Linie. Denn Mitte 2018 verabschiedete der Rat ein „Steuerungskonzept Vergnügungsstätten“, das Spielhallen nur noch in fünf Kernzonen im Stadtgebiet zulässt. Die Moselstraße, bisher frei von solchen Freizeitstätten, ist eine davon.
Der Bauantrag für die Spielhalle an der Moselstraße war der einzige Fall, den die Bauverwaltung im vergangenen Jahr für ein solches Unternehmen bearbeiten und bescheiden musste. Die Bauabnahme erfolgte vergangene Woche, berichtet Pressesprecherin Nicole Bungert. Jetzt locken eine – noch zurückhaltende – Leuchtreklame und der Hinweis: geöffnet von sechs Uhr früh bis ein Uhr nachts.
Dass der Betrieb konzessioniert werden musste, schmeckt dem Beigeordneten Holger Lachmann nicht wirklich. In der vorgesehenen Kernzone hatte der Betreiber allerdings einen Rechtsanspruch darauf, sagt der Dezernent. Nur: Gewonnen hat die Stadt in ihrem Bestreben, die Zahl dieser Spielstätten bis 2021 von 27 auf fünf zu reduzieren, unter dem Strich überhaupt nichts. Denn die Spielhalle an der Moselstraße ist neu – und damit keine Verlagerung, für die an anderer Stelle im Stadtgebiet ein solches Etablissement geschlossen worden wäre.
Autohaus will Mitarbeiter über
Gefahr von Spielsucht aufklären
Ben Dahlmann, Geschäftsführer der Autohausgruppe Dresen, reagiert auf den neuen Nachbarn mit Zurückhaltung – und Aufklärung. „Ich hoffe, dass unsere Mitarbeiter nicht in der Mittagspause hinübergehen und zocken“, sagt er und kündigt an, die Belegschaft auf die Gefahren des Glücksspiels hinweisen zu wollen. Denn auch in den Dresen-Reihen habe es in der Vergangenheit schon Fälle von Menschen gegeben, so Dahlmann, „die der Spielsucht verfallen sind.“
Diesen Schutzgedanken hatte die Landesregierung vor Augen, als sie 2012 den Glücksspielstaatsvertrag änderte und dabei die Regeln für die Zulassung solcher Einrichtung verschärfte. Seitdem gilt unter anderem, dass zwischen zwei „Spielhöllen“ ein Mindestabstand von 350 Metern bestehen muss und nicht mehrere Lokale in einem Gebäude untergebracht sein dürfen, selbst wenn sie dem gleichen Betreiber gehören. Die Umsetzung dieser Richtlinie ist allerdings ein schwieriges Geschäft, bei dem sich die Kommune vom Land auch im Stich gelassen fühlt. Denn die Erlasse zur Handhabung des Gesetzes, die das Land seitdem in die Welt gesetzt hat, bieten nach Lachmanns Darstellung nicht die rechtssichere Grundlage, die die Kommune bräuchte. Das macht es noch schwerer, Schließungsverfügungen vor Verwaltungsgerichten durchzusetzen. Denn dass die Betreiber gegen solche Anordnungen der Behörde klagen, ist eher die Regel als die Ausnahme. Und oft zieht die Stadt vor Gericht den Kürzeren.
Aktuell sieht die Bilanz so aus: Vier Spielhallen wurden seit Verabschiedung des Steuerungskonzeptes geschlossen, bei fünf Einrichtungen dieser Art kann die verfügte Schließung nicht vollzogen werden, weil deren Betreiber Rechtsmittel einlegen. Das hat, wie erst Ende Dezember das Oberverwaltungsgericht Münster in einem Fall aus Gelsenkirchen bestätigt hat, aufschiebende Wirkung. Die beabsichtigte Reduzierung der Anzahl der Spielhallen werde aber weiter vorangetrieben, sagt Lachmann – trotz der schwierigen Rahmenbedingungen.
Ben Dahlmann ist gespannt, welches Publikum die neue Spielhalle anlockt. Er hofft, dass es keine „Brummi-Fahrer“ mit ihren Lkw sind. Die Parksituation sei auch so schon kritisch.