Technisches Hilfswerk gibt Tipps in Neuss Was ist zu tun im Katastrophenfall?

Neuss · Ausfälle der kritischen Infrastruktur können auch hier in Deutschland vorkommen. Zwei Experten des Technischen Hilfswerks geben deswegen Tipps, worauf die Haushalte im Ernstfall achten sollten.

Im Juli 2021 musste wegen der Hochwasserlage der Erft ein Gehweg am Neusser Sporthafen gesperrt werden.

Foto: Simon Janßen

Stürme, Überschwemmungen, Schneechaos und seit kurzem Drohungen aus Russland, Deutschland mit Atomwaffen anzugreifen: Bei all den Horrorszenarien stellt sich die Frage, was zu tun ist im Katastrophenfall. Antworten gab es jetzt im Romaneum von Armin Riemer und Janis Heffe – sie sind Fachberater beim Technischen Hilfswerk und kennen sich aus mit Katastrophen.

Eines vorab: Am Ende des anderthalbstündigen Vortrags, in dem auch Fragen gestellt werden konnten, ging es noch kurz um Schutz bei kriegerischen Auseinandersetzungen. Armin Riemer konnte für diesen Fall nichts Ermutigendes sagen – im Gegenteil: „Schutzräume für die Bevölkerung existieren so gut wie nicht mehr. Gegen Atomwaffen hätten sie aber eher symbolischen Charakter.“ Seine nüchterne Einschätzung: „Wenn es passiert, dann passiert es halt.“ „Dann doch besser Hochwasser“, sagte ein Zuhörer.

Katastrophen sind zumeist mit einer großräumigen Schadenslage verbunden und durch die örtliche Gefahrenabwehr nicht zu bewältigen. Ein überregionaler Stromausfall wird als Blackout bezeichnet und ist ein Musterbeispiel für eine solche Katastrophe. Die Zuhörenden erfuhren, dass es mitunter alles andere als leicht ist, ein Stromnetz wieder hochzufahren. Das liegt an der Komplexität des Stromnetzes. Armin Riemer nannte ein Beispiel: „Aufgrund eines Zwischenfalls auf einer Werft in Papenburg gingen in Teilen von Portugal die Lichter aus.“ Zum Glück seien die allermeisten Stromausfälle nur von kurzer Dauer. Näheres kann über das Radio in Erfahrung gebracht werden. Es gibt kleine Radios, die per Kurbel mit Energie versorgt werden und somit auch bei Stromausfall funktionieren. Ein längerer Stromausfall ist erstens selten und zweitens ein Horrorszenario: Menschen bleiben in Aufzügen stecken, der Betrieb in den Krankenhäusern wird massiv eingeschränkt, in den Wohnungen funktionieren die Festnetztelefone nicht mehr und nach einigen Stunden fällt auch der Mobilfunk aus. Bis es soweit ist, ist es kalt im Haus geworden, weil die Zentralheizungen ausgefallen sind.

Nach dem Sturm
das Gebäude inspizieren

Im Gegensatz zum Stromausfall kündigen sich Sturm und Orkan vorher an. Armin Riemer empfahl daher folgendes: „Lose Gegenstände auf dem Grundstück müssen rechtzeitig gesichert werden.“ Er warnte davor, sich im Freien aufzuhalten und riet dazu, sich möglichst im Erdgeschoss in einem Raum ohne Außenfenster aufzuhalten. Wenn der Spuk vorbei ist, sollte das Gebäude auf Schäden untersucht werden.

Wenn Starkregen oder Hochwasser drohen, sollten neben losen Gegenständen auch Hauseingänge gesichert werden. Ganz wichtig: „Keine gefluteten Räume betreten – hier droht ein Stromschlag“, warnte Riemer. Die Städte hätten Hochwasserkarten, auf denen man erkennen könne, in welchem Maße das eigene Haus betroffen sein könnte. Wenn Hochwasser droht, sollte das Haus nämlich nach Möglichkeit vorher inspiziert werden: Funktioniert der Pumpensumpf? Ist die Rückschlagklappe zum Kanalnetz in Ordnung? Macht es Sinn, Sandsäcke für den Fall der Fälle vorzuhalten? Eine eigene Pumpe kann von Vorteil sein.

Bei größeren Katastrophen kann ein Notfallkoffer mit Dokumenten, einem Medikamentenvorrat sowie Bargeld anstatt Kreditkarte hilfreich sein. „Besser haben als brauchen“, lautet die Devise. Janis Heffe verriet, was in einem Notfall-Rucksack noch drin sein sollte: „Trinkwasser, Verpflegung, Kleidung, ein Feuerzeug beziehungsweise Streichhölzer, ein Kurbelradio, eine Lichtquelle und eine Erste-Hilfe-Ausrüstung.“ Der Tank im Auto sollte mindestens halb voll sein. Es dürfen aber nur maximal 20 Liter Benzin in Kellern oder Kleingaragen aufbewahrt werden.

Im Keller sollte ein Vorrat angelegt werden, der für zehn Tage reicht. Heffe empfahl Trinkwasser beziehungsweise Saft, Nudeln, Reis, Konserven mit Hülsenfrüchten, Fleisch und Fisch, Fertiggerichte und andere Konserven. Damit das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht überschritten wird, sollten die Vorräte nach und nach verzehrt und durch neue Konserven ersetzt werden.