Kein Sparkassen-Geld für Neuss
Das Institut schüttete zuletzt jährlich vier Millionen Euro aus. In diesem Jahr will die Sparkasse allerdings ihr Eigenkapital ausbauen.
Neuss. Kreis-Kämmerer Ingolf Graul war vorsichtig. Er hat dort, wo der Gewinnanteil der Sparkasse als Einnahme veranschlagt wird, eine Null eingesetzt. Das könnte sich als klug erweisen. Zwar entscheiden die (politisch besetzten) Gremien erst im Sommer, wie der Jahresüberschuss aus 2015 des kommunalen Kreditinstituts verwandt wird, doch steht die Empfehlung der Sparkassen-Spitzen im Raum, auf eine Ausschüttung an ihre vier Trägerkommunen Stadt Neuss (50 Prozent), Rhein-Kreis (34,53), Kaarst (9,74) und Korschenbroich (5,73) zu verzichten. Der Grund: Die internationalen Vorgaben für die Finanzwelt machen es erforderlich, dass alle Banken und Sparkassen gezielt ihr Eigenkapital aufstocken, um für die Herausforderungen in der Zukunft gewappnet zu sein.
Wenn er am 11. März auf der Bilanzpressekonferenz die Zahlen für das Geschäftsjahr 2015 präsentiere, so Vorstandsvorsitzender Michael Schmuck, dann werde er ein gutes und ertragreiches Ergebnis vorzeigen können. Es sei dann an den Gremien, zu entscheiden, welche Gewinnanteile in die Rückstellungen fließen und welche ausgeschüttet werden können. In jüngster Vergangenheit überwies die Sparkasse alljährlich insgesamt vier Millionen Euro an ihre vier Träger.
Zwei Millionen Euro kamen von der Gesamtsumme in der Neusser Stadtkasse an. Diesen Betrag hat Kämmerer Frank Gensler auch für den bereits verabschiedeten Haushalt für das Jahr 2016 eingeplant. Im Klartext: Kommen die zwei Millionen Euro von der Sparkasse nun nicht, klafft ein Loch im Etat. Für Arno Jansen, SPD-Chef im Stadtrat, ist die Frage nach der Ausschüttung noch nicht abschließend beantwortet. Er, der auch Mitglied im Verwaltungsrat der Sparkasse ist, spricht von einem „intensiven Dialog“ mit dem Vorstand, spricht von „einer gewissen Erwartungshaltung“ gegenüber der Sparkasse und denkt laut über eine „maßvolle Ausschüttung“ nach.
Verständnis für die defensive Ausschüttungspolitik signalisieren derweil die Spitzen im Rhein-Kreis. Für Landrat Hans-Jürgen Petrauschke, der dem Verwaltungsrat als beratendes Mitglied angehört, besitzt oberste Priorität, die Sparkasse als leistungsfähiges Instrument der Wirtschaftspolitik im Rhein-Kreis zu erhalten. Diese „Marktfähigkeit“ will auch Rainer Thiel (MdL) stärken. Der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion hält es für die „richtige Vorgehensweise“, wenn die Sparkasse in der gegenwärtigen Situation, die alle Banken und Sparkasse erfasst habe, zunächst einmal ihr Eigenkapital aufbaue. Die Kreis-SPD sei bereit, diesen Weg mitzugehen.
Landrat Petrauschke lenkt auch den Blick auf die sogenannte Cost-Income-Ratio (Aufwand-Ertrag-Relation), die bei der Sparkasse auf Sicht verbessert werden müsse. Wenn Leistungen und Kosten auf den Prüfstand kommen, dann steht das dichte Filialnetz ebenso im Fokus wie die damit verbundene Mitarbeiterzahl. Es sei denkbar, die Fluktuation zu nutzen, um Stellen abzubauen. In digitaler Zeit müsse die Kundennähe neu definiert werden, sagt Sparkassen-Chef Michael Schmuck. Der durchschnittliche Kunde komme heute einmal jährlich zum Gespräch in seine Filiale, benutze zweimal monatlich einen Automaten und besuche 200 Mal die Sparkassen-App.