Keine Neuwahlen — CDU setzt sich gegen Vorsitzenden durch
Jörg Geerlings wollte den Vorstand neu wählen lassen — die Mehrheit der Mitglieder nicht.
Neuss. Die CDU-Mitglieder haben alle Pläne des Vorstandes um den Vorsitzenden Jörg Geerlings durchkreuzt, sich in vorgezogenen Wahlen (und ohne Gegenkandidaten) im Amt bestätigen zu lassen. Aber die Entscheidung fiel knapp aus. 149 Parteimitglieder wollten gestern Abend im Marienhaus die Wahl abhalten, die schon zur Vertrauensfrage erhoben worden war, 158 waren aber ganz anderer Ansicht.
Sie legten den Vorstand wieder auf den Kurs fest, der am 30. September bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung und unter dem Eindruck der verlorenen Bürgermeisterwahl nur Tage zuvor abgesteckt worden war: Erst soll eine inhaltliche Debatte erfolgen, dann die Frage entschieden werden, mit welcher Führungsmannschaft diese Politik umgesetzt werden kann.
Zu dieser grundsätzlichen Entscheidung kamen gestern zwei andere: Der amtierende Vorstand bleibt im Amt. „Die Mitgliederversammlung ist das höchste Gremium der Partei, ich respektiere das Ergebnis“, sagte Geerlings, der nun im Januar (Inhalt) und im März (Personal) noch einmal zur Mitgliederversammlung einladen wird. Zweitens: Es wird keine Kommission neben dem Vorstand geben, die dafür einen Personalvorschlag vorbereitet. Von einer solchen Kommission war die Rede, seit der Parteivorstand überraschend die gestrige Versammlung terminiert und den Top „Wahlen“ zur vorrangig zu beantwortenden Frage gemacht hatte. Gestern beantragte sie Klaus Goder als Chef der Mittelstandsvereinigung, dem aber ein ziemlich kalter Wind aus der Versammlung entgegen blies. Von einem „Klüngelkreis“ war die Rede und von Bevormundung der Mitglieder. Goder zog den Antrag zurück, nachdem der Wirtschafts-Kapitän Michael Werhahn, den einige Befürworter schon zum Kommissions-Präsidenten befördern wollten, klar dagegen gesprochen hatte. Für diese sei es zu spät, meinte er. Und weil er mit dem Gedanken spielt, in einem neuen Vorstand als Beisitzer mitzuwirken, könne er in einem solchen Gremium nicht unbefangen mitarbeiten.
Vielleicht war Werhahns erste Wortmeldung gestern vorentscheidend für den Ausgang des Abends. Nachdem vor allem Klaus Goder, der Stadtverordnete Heinz Sahnen und der Unternehmer David Zülow vehement für eine Absetzung des Tagesordnungspunktes Wahlen gesprochen hatten und Vorstandsmitglied Tobias Goldkamp, Axel Stücke oder auch die stellvertretende Kreisvorsitzende Daniela Leyhausen genauso entschieden auf einer Wahl beharrten, um endlich die auch öffentlich geführte Personaldebatte zu beenden, ergriff Werhahn das Wort.
Jörg Geerlings, Neusser CDU-Vorsitzender
Die CDU, brauche einen Wechsel an der Spitze, Alternativen zum amtierenden Gremium seien noch in der Diskussion, sagte er. Er hätte gehofft, das sich schon gestern ein alternatives Team präsentiert, das sich offenbar um Dieter Welsink formiert, den Vorsitzenden der CDU-Kreistagsfraktion. Aber dazu reichte die Vorbereitungszeit nicht.
„Ich wünsche der CDU das Allerbeste“, hatte Geerlings noch vor der Absetzung des Top „Wahlen“ seinen Rechenschaftsbericht beendet, in dem er erneut sein Interesse am Vorsitzendenamt unterstrich. Das scheint nun nur noch über eine Kampfabstimmung erreichbar.
Gut möglich, dass es im März auf ein Duell zwischen Geerlings und Welsink hinausläuft. Doch bis es so weit ist, müssen zuvor die politischen Hausaufgaben gemacht werden. Das hat die CDU-Basis ihrem Führungspersonal abverlangt. Zukunftsfähige Gedanken für die Stadt sind gefragt, die den Bürgern Argumente liefern, warum sie CDU wählen sollen. Es soll ja schon Parteien gegeben haben, die über Sacharbeit in die Spur zurückgefunden haben.