Mehr als 500 Bürger stimmen mit Zog-Zog fürs Schützenfest
Mit der Entscheidung hat die Schützenzeit begonnen.
Neuss. Es war eine Bürgerversammlung, die Maßstäbe setzt: Mehr als 500 „Bürger und Bürgerssöhne“ — und somit so viele wie seit Jahren nicht — füllten die Stadthalle, spritzige Reden von Komiteemitglied Michael Schmuck und Bürgermeister Herbert Napp, sangesfreudige Männer und schließlich ein einhelliges Votum: Zog-Zog! Neuss feiert vom 29. August bis zum 1. September sein Schützenfest. Wer als Bürger kam, ging als Schütze. In Neuss hat die Schützenzeit begonnen, seit Samstag ist Neuss „vör de Dach“.
Zum zweiten Mal nach 2013 hielt Sparkassen-Chef Michael Schmuck die Zog-Zog-Rede. Er versprach, im Gegensatz zum Fußball-Weltverband werde der Bürger-Schützen-Verein sein Fest nicht kommerziell ausrichten: „Für kein Geld der Welt würden wir unser Schützenfest auf dem Roten Platz in Moskau oder in Katar ausrichten.“ Nachdem er vier Prüffragen — darunter: Sind wir Schützen kussfest? — positiv beantwortet hatte, ging am Ende seiner Rede die Kardinalfrage in den Zog-Zog-Rufen der Schützen unter. Zum letzten Mal sprach Herbert Napp nach 17 Amtsjahren als Bürgermeister auf der Zog-Zog-Versammlung — und er traf mit seinen Rekeleien und Bomonts den Geschmack der Schützen, die sich mit anhaltendem Beifall bedankten, den sie stehend spendeten. Da war auch SPD-Ratsherr Sascha Karbowiak angetan, der sich auf sein Debüt als Gilde-Adjutant vorbereitet: „Michael Schmuck war gut, Herbert Napps Rede war heute grandios.“
Traditionell sind sechs Wochen vor dem letzten August-Sonntag, an dem im Normalfall das Schützenfest stattfindet, laut Satzung die „Bürger und Bürgerssöhne“ aufgerufen, darüber zu entscheiden, ob im laufenden Jahr wieder gefeiert werden soll. So auch am Samstag auf der 178. Bürgerversammlung, die Präsident Thomas Nickel im 192. Jahr des Bestehens des Schützenvereins leitete.
Obwohl die Entscheidung vorhersehbar ist, ist die Bürgerversammlung nicht überflüssig. Sie ist ein Symbol für den Neusser Bürgersinn. Die Fest-Entscheidung trifft eben nicht die Obrigkeit, sondern der freie, selbstbestimmte Bürger — und zwar vor den Augen der Stadtväter (Stadtmütter werden erst gar nicht zugelassen), denn die Ratsherren, die dem Hauptausschuss angehören, sind als Ehrengäste geladen, den selbstbewussten Auftritt der Bürger von der Bühne aus zu verfolgen. Das taten sie in diesem (Wahl-) Jahr in auffallend großer Zahl.