Messerattacke in Holzheim

Eine Frau soll ihren Lebensgefährten angegriffen haben. Die Nachbarn sind schockiert — und berichten von häufigen Konflikten.

Foto: Dieter Staniek

Holzheim. Auch am Tag nach der Tat waren die dicken Blutstropfen auf den Pflastersteinen vor dem Tatort noch gut zu erkennen. Anwohnern ist die Fassungslosigkeit anzumerken über das, was sich am Sonntagabend gegen 19 Uhr am Hindenburgplatz abspielte.

Foto: Dieter Staniek

Mit Stichverletzungen im Oberkörper musste ein 62 Jahre alter Mann in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Zuvor soll er von seiner stark alkoholisierten Lebensgefährtin in der gemeinsamen Wohnung mit einem Messer attackiert worden sein. Dies teilte die Polizei gestern mit. Die Einsatzkräfte mussten sich gewaltsam Zugang zur Wohnung verschaffen, um die Frau in Gewahrsam zu nehmen. Nach aktuellem Stand bestreitet sie bislang, ihren Partner mit einem Messer angegriffen zu haben. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei — wegen gefährlicher Körperverletzung — dauern an. In Untersuchungshaft befindet sich die mutmaßliche Täterin jedoch nicht, wie Polizeisprecherin Daniela Dässel gestern bestätigte.

Foto: Dieter Staniek

Anwohnerin

Anwohner, die von klirrenden Scheiben aufgeschreckt wurden, berichteten gestern unisono, dass das Paar seit rund einem Dreivierteljahr regelmäßig auffällig wird. Erst am vergangenen Ostermontag habe die Polizei wegen einer Streitigkeit anrücken müssen. „Sie sperrt ihren Mann häufig aus. Er wartet dann auf dem Balkon. Das war auch am Sonntag so, bevor die Attacke passierte“, sagte eine Anwohnerin, die namentlich nicht genannt werden möchte. Mehrere Nachbarn betonten zudem, dass sie sich nach dem Vorfall am Ostermontag zehn Tage lang der Wohnung nicht nähern durfte. Die Polizei gab gestern keine Angaben zu möglichen vergangenen Auseinandersetzungen des Paares. Laut Daniela Dässel drängen Informationen dieser Art zu sehr in den persönlichen Bereich der Menschen ein.

Häusliche Gewalt gegen Männer ist für die Neusser Polizei kein Einzelfall. „Wir haben es in regelmäßigen Abständen damit zu tun“, sagt Daniela Dässel. Zwar seien in Sachen häuslicher Gewalt häufiger Frauen betroffen als Männer, dies sei jedoch kein Grund, das Problem kleinzureden oder auf die leichte Schulter zu nehmen. Den betroffenen Männern müsse entsprechende Hilfe angeboten werden. Hilfe bietet neben dem Opferschutz der Polizei unter anderem der Sozialdienst Katholischer Männer an.

Tristan Rosenkranz vom „Männerberatungsnetzwerk“ — Gewaltschutz- und Konfliktberatung für Männer im deutschsprachigen Raum — ist Experte auf dem Gebiet und weiß um die Probleme der Betroffenen. „Bei Männern ist die Schamgrenze noch größer als bei Frauen. In diesem Bereich ist ein Umdenken notwendig. Hauptproblem sind da die alten Rollenvorstellungen.“

Nach Angaben der Polizei NRW gab es im Jahr 2016 landesweit 28 227 Strafanzeigen wegen häuslicher Gewalt. 2007 waren es noch 20 410 Fälle. Die Statistik beinhaltet jedoch sowohl Männer als auch Frauen und Kinder.