Neuss: Fingerabdrücke überdauerten vier Jahrhunderte

Bürgermeister Herbert Napp übergibt ein Gesangbuch aus dem Jahr 1619 an die Pfarrgemeinde St. Quirin.

Neuss. Einen Brand hat das Buch überstanden. Kriege, Hungersnöte und Epidemien. In beinahe vier Jahrhunderten fanden Menschen immer wieder Kraft durch die Lieder, die auf seinen Seiten gedruckt sind.

Zum Abschluss des Quirinus-Jubiläumsjahres hat Bürgermeister Herbert Napp ein restauriertes Gesangbuch mit dem Titel "Lobgesang von S. Quirin, der Statt Neuß sonderbarn Patron und gemeinen Nothelfer" aus dem Jahr 1619 an Oberpfarrer Monsignore Guido Assmann als Geschenk der Stadt Neuss übergeben. "Man fühlt so etwas wie Hochachtung vor dem kleinen Buch und vor der Zeit, die es überstanden hat", beschreibt Napp seine Empfindungen und freut sich besonders, dass auch das Quirinuslied in dem Verzeichnis vorkommt. "Das ist das einzige Kirchenlied, das auch von der Inflation handelt, denn Quirinus wird angefleht, die Menschen vor der Teuerung zu bewahren."

Marcus Janssens hat das Buch seit Februar restauriert. "Es war starke beschädigt", erklärt er. Vor allem die Zeit habe den Seiten zugesetzt. Auch ein längst erloschenes Feuer setzte den Seiten zu. Eine Grundreinigung offenbarte bereits viele Details, die zuvor gar nicht sichtbar gewesen sind, so etwa einen Stempel auf einer er ersten Seiten. Erst nach mehreren Reinigungen und Bädern wurde mit der Ausarbeitung der Fehlstellen begonnen. "Zwischendurch musste das Buch immer wieder ruhen und sich von den einzelnen Arbeitschritten erholen", erklärt der Experte und klingt, als würde er über ein lebendiges Wesen sprechen.

Der Vergleich sei nicht weit hergeholt, bestätigt Janssens: "Immerhin merkt sich so ein Buch, wenn es falsch behandelt wird." Und auch, welche Seiten besonders gerne aufgeschlagen wurden. Janssens: "Manche Seiten sind von Fingerschmutz dunkel geworden, andere wurden überhaupt nicht benutzt." Dies wurde teilweise so belassen, denn: Auch Gebrauchsspuren sind Teil der Geschichte des Gesangbuchs. Monsignore Guido Assmann dankte der Stadt. "Viele Antworten auf die Fragen der Menschen von heute lassen sich besser finden, wenn uns unsere Vergangenheit bewusst ist."