Neuss: Mieter fürchten um ihre Wohnung

Bewohner der LEG-Häuser fürchten, dass nach dem Verkauf die Mieten steigen.

Neuss. Der umstrittene Verkauf der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) mit ihren 93 000 Wohnungen ist perfekt. Gekauft hat der Immobilienfonds Private Equity Fonds Whitehall der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs, Whitehall für rund 3,5 Milliarden Euro. In Neuss besitzt die LEG etwa 250 Wohnungen in Derikum.

"Es trifft uns nicht unvorbereitet, aber trotzdem hart", sagt Margarethe Schlender. Die 54-Jährige ist nicht nur Bewohnerin einer LEG-Wohnung in der Straße Am Goldberg in Derikum. Sie ist auch stellvertretende Vorsitzende des Mieterbeirates. "Seit zwei Jahren hängt das Damoklesschwert über unseren Köpfen, jetzt ist es halt herunter gekommen", seufzt sie. "Was sollen wir machen?" Was sich so cool anhört, ist der Ausdruck einer Mischung aus Angst und Resignation. Die LEG ist verkauft... und im Viertel fragen sich alle: "Was haben die vor?"

"Fünf Jahre bleibt es, wie es ist, dann wird das Haus weiterverkauft", vermutet Margarete Schlender. "Das ist doch heute so üblich. Und die Mieten werden vermutlich hochgeschraubt, obwohl wir uns das überhaupt nicht leisten können." Für 86 Quadratmeter eine Miete von 640 Euro warm - das hört sich zunächst günstig an.

Ist es aber nicht für die vielen Schichtarbeiter, die in den LEG-Blocks wohnen. Billiglöhne, Preisexplosion: Und wenn jetzt auch noch der Mietzins erhöht wird? "Dann hilft nur noch Auszug", sagt Katharina Schummers. Sie ist Schlenders Mutter und wohnt im selben Haus. Die gehbehinderte Seniorin ergänzt: "Von meiner Rente kann ich mir noch eine Mehrausgabe jedenfalls nicht mehr leisten."

Seit 1973 wohnen die Schlenders in der Siedlung. "Mit der LEG sind wir immer prima zurecht gekommen", sagt die Ehefrau. Erst kürzlich hatte der Mieterbeirat zusammen mit der Genossenschaft ein Fest organisiert, das am kommenden Samstag stattfinden soll. "Wir wollten zusammen auch einen Bolzplatz für die Kinder einrichten. Ob das jetzt noch was wird, steht in den Sternen", sagt sie verunsichert.

"Die schneiden sich ins eigene Fleisch", sagt Margarethe Schlenders Ehemann Walter in Richtung der neuen Investoren. "Wenn die glauben, die können hier Edelwohnungen einrichten und die dann teuer verkaufen, dann irren die sich." In das Viertel wollten keine reichen Menschen ziehen, so Schlender.

Wenig erfreut zeigte sich gestern auch Bürgermeister Herbert Napp, der ebenfalls Aufsichtsratsvorsitzender des Bauvereins ist. Schon bei Beginn der Verkaufsdiskussion im Land hatte er im Herbst 2006 "in großer Sorge" die Landesregierung aufgefordert, nur Bewerber zu berücksichtigen, "die nachweisbare Erfahrungen in der verlässlichen Wohnungsversorgung und in der nachhaltigen Quartiersentwicklung vorweisen können".

Das trifft nun auf den Käufer aus den USA nicht zu. Es sei zu erwarten, so Napp, dass der Investor ("nun wahrlich keine Wohnungsgesellschaft") den Gesamtbestand der LEG filetieren und verkaufen oder als Paket wieder veräußern wolle. Schon vor Jahren gab es Überlegungen, der Bauverein könne die Wohnungen von der LEG übernehmen.

"Um des sozialen Friedens willen" werde er auf der Strategiesitzung des Bauverein am Freitag einen solchen Ankauf nochmals vorschlagen. Ob der neue Besitzer allerdings überhaupt ein Interesse habe, einen solch kleinen Teil aus dem Bestand zu verkaufen, stehe in der Sternen.