Neuss: Reportage - Alltag mit Geduld und Stullen

Observieren, kombinieren, Beweise sichern: Detektive arbeiten anders als im Film.

Neuss. Der Mann hinterm Steuer ist kein Schlapphut, und auch das Wort "Schnüffler" mag Dirk Brückmann gar nicht. Der Detektiv lehnt sich im Ledersitz seines Mercedes’, neuestes Modell, zurück, blickt in die Dunkelheit und sagt: "Es geht nicht darum, die Neugier anderer zu befriedigen und jemandem einfach hinterher zu schnüffeln. Unser Auftrag ist es, im berechtigten Interesse des Kunden gerichtsverwertbare Beweise zu liefern." Aus diesem Grund arbeitet der Detektiv nie allein, als Zeuge ist stets ein Kollege dabei. Der Mann im anderen Wagen hält per Funk Kontakt - er kann helfen, wenn es brenzlig wird, und auch Verfolgungsfahrten sind mit zwei Autos unauffälliger.

Auf den Spuren des früheren Mitarbeiters

Diesmal ist der Kunde ein Unternehmen aus dem Rhein-Kreis Neuss und die Zielperson ein früherer Mitarbeiter. Die Namen bleiben geheim. "Diskretion ist alles", sagt der Mitarbeiter der Detektei S.E.S, während er das Lokal gegenüber nicht aus den Augen lässt. Nur so viel verrät er zu dem Fall: Der hochrangige Angestellte hatte selbst gekündigt und eine Erklärung unterschrieben, sein Wissen nicht an die Konkurrenz weiterzugeben. Wettbewerbsverbot, dafür kassiere der Mitarbeiter. Doch dass er die Verpflichtung einhält, glaube die Geschäftsführung nicht. Tatsächlich scheint an den Befürchtungen etwas dran zu sein: Hinter den Fenstern jenes Restaurants im Neusser Süden, vor dem Brückmann seine Limousine in Stellung gebracht hat, trifft sich die Zielperson mit einem Mann zum Abendessen. Ein Konkurrent, haben die Ermittler in Erfahrung gebracht. "Das sagt natürlich noch nichts aus, aber es nährt den Verdacht", sagt Brückmann und spricht seine Beobachtungen auf ein Diktiergerät. Das Gesehene könnte vor Gericht später nützlich sein. Stein für Stein müsse er bei seinen Ermittlungen immer aufeinander legen, wenn er auf den Straßen in Neuss unterwegs sei, zwischen Rhein und Büttgen, Heerdt und Neukirchen, sagt der Detektiv. Dabei gehe es um Ehebruch und Wirtschaftskriminalität, Markenpiraterie und Diebstahl, Sorgerechtsangelegenheiten und Wettbewerbsverbot. "Wie im Fernsehen arbeitet eigentlich kein Detektiv", sagt Brückmann. "Wir haben nichts mit Philip Marlowe oder Magnum gemein, weil wir uns schließlich an Gesetze halten müssen." Statt Draufgängertum und Skrupellosigkeit seien Menschenkenntnis, Akribie, Spürsinn und Ausdauer gefragt. "Wer sich davor scheut, auch mal kalte Nächte im Auto zu verbringen, der ist in unserem Beruf falsch."

Technik darf nicht nach Belieben eingesetzt werden

Zum Glück gebe es auch eine Menge technischer Möglichkeiten. Kameras, chemische Diebesfallen, GPS-Sender. Doch all das dürfe nicht beliebig eingesetzt werden. "Viele Leute denken, man könne einfach mal jemanden abhören oder fotografieren, weil sie es eben aus dem Fernsehen so kennen", sagt Brückmann. "Aber mit solchen Methoden dringt man schnell in die Rechte anderer ein und bekommt vor Gericht später Ärger. Und das bringt weder dem Kunden noch uns was." Besonnenheit sei also gefragt. Und wieder einmal Ausdauer. Brückmann lehnt sich im Ledersitz zurück und zieht den Reißverschluss seiner Jacke hoch. Hinter dem Fenster des Restaurants wird aufgetischt. Offenbar gibt es Meeresfrüchte. Der Detektiv schmunzelt, greift hinter den Sitz, kramt eine Thermoskanne und Butterbrote hervor. "Jetzt heißt es warten", sagt er und wickelt die Stullen aus der Alu-Folie. "Nicht gerade Muscheln, aber eine bewährte Mahlzeit."